Grazetta

Hör mal, wer da hämmert

Über Jahrzehnte hinweg hat Harald Korschelt die Interessen von  Anderen vertreten. Zuerst als Schüler und Soldat, später in Betrieb, Bezirk und Stadt. Insofern mehr als naheliegend, dass der Freiheitliche Fraktionsobmann auch bei der steirischen Arbeiterkammerwahl  im April den Anliegen der Arbeitnehmer Gehör verschaffen will.

GRAZETTA  Mit dem Slogan „der Hammer in der Kammer“ treten Sie als Spitzenkandidat der Freiheitlichen Arbeitnehmer wieder bei der steirischen Arbeiterkammerwahl vom 16. bis 19. April 2024 an. Was steckt hinter dem „wuchtigen“ Spruch?
HARALD KORSCHELT Die Themen, die es anzugehen gilt, sind eine Wucht. Und die muss man in den Griff bekommen. Wenn man sich den Armutsbericht der Steiermark durchliest, dann gehören eben ganz klar Werkzeuge in die Hand genommen, um unglaubliche Missstände zu reparieren. Bürger müssen sich zwischen Heizen und einem warmen Essen entscheiden. Fast ein Viertel aller Armuts- und Ausgrenzungsgefährdeten sind Kinder. Wir sprechen hier von 386.000 Bürgern bis zum 17. Lebensjahr, die von diesen Verhältnissen betroffen sind. Eines Sozialstaats absolut unwürdig. Für mich war das ein großer Motivator, um mich wieder dieser Wahl zu stellen. Mit dem Schreiben von Leserbriefen veränderst du nichts. Den Werktätigen und Arbeitnehmern mit dem Hammer Gehör zu verschaffen, ist hingegen etwas anderes.

Bestes Einvernehmen zwischen Harald Korschelt (l.) und Mario Kunasek, Landesparteiobmann FPÖ Steiermark: „Weil Kunasek als ehemaliger Personalvertreter um die Wichtigkeit unserer Arbeit für die steirischen Arbeitnehmer weiß.“

In einer Vollversammlung Ende November 2023 wurden von Ihrer Fraktion bereits Forderungen an Bund und Land gesammelt. Die Themen reichen von der Periodenarmut über den Antrag auf Erhöhung der Zuverdienstgrenze bis zur umfangreichen Neuausrichtung des Gesundheitssystems. Was geht den Bürgern Ihrer Meinung nach konkret ab?
HK Ganz klar die soziale Komponente. Die liegt bei uns im Argen und wir wollen als soziales Gewissen auf diese Defizite hinweisen. Die sogenannte „Periodenarmut“ ist bei uns Thema, auch wenn es viele nicht glauben wollen. Umfragen belegen, dass sich knapp 70 Prozent der 14- bis 24-Jährigen besser mit Periodenprodukten versorgen würden, wenn sie die finanziellen Mittel dafür hätten. Um sozial schwächere Frauen und Mädchen zu unterstützen, gibt es in Wien mit dem Pilotprojekt die „Rote Box“, die Tampons und Binden kostenlos anbietet. Diese Initiative sollte auch in der Steiermark geprüft werden. Was die Wiener Ärztekammer im Gegensatz aufführt, ist einfach nur peinlich. Ihr Ansinnen, die Verträge mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zu kündigen, kommt einem Fiasko für Patienten und Ärzte gleich. Was es hier braucht, sind seriös geführte Verhandlungen, die das Wohlergehen des Patienten im Fokus haben. Die sollten einmal zu uns in die AK Steiermark kommen, damit sie sehen, wie unterschiedliche Fraktionen im Vorstand und in Versammlungen zusammenarbeiten, um für den Arbeitnehmer das beste Resultat herauszuholen.

Präsentieren sich als Team die Freiheitlichen Arbeitnehmer Steiermark und stehen für die Belange aller arbeitenden Menschen in der Arbeiterkammer Steiermark ein: Christian Feldhofer, Helga Klimbacher, Harald „Blue Harry“ Korschelt
sowie Sandra Michele und Theo Raunnigger (v.l.)

Sie sind also mit der Stimmung innerhalb der Arbeiterkammer zufrieden?
HK Wir sind kein zerstrittener Haufen, haben keine großen Probleme miteinander. Man muss an erster Stelle immer das Menschliche und nicht die Farbe einer Fraktion oder Partei sehen. Letztendlich ist immer das Verbindende wichtig, weil man ja für die 480.000 Mitglieder in der steirischen Arbeiterkammer was erreichen will. Da geht es nicht darum, sich aufgrund persönlicher Befindlichkeiten den Schädel einzuschlagen. Ein funktionierendes Gesundheitssystem und eine florierende Wirtschaft, das wollen die Bürger. Aber keine Streitigkeiten zwischen den Parteien. Die steigende Politikverdrossenheit ist zum Großteil egomanenhaften Auftritten geschuldet. Dafür ist bei uns definitiv kein Platz. Wer Politik machen will, die ankommt, der muss an die Basis gehen. Das hab ich schon bei meinem Schwiegervater Alexander Götz gesehen, der Bürgermeister von Graz war. Der ist zu jedem hingegangen, hat gefragt, zugehört und die Themen mitgenommen. Diese Basisarbeit hat mich meine ganze politische Laufbahn über begleitet.

Die Arbeiterkammer ist nach wie vor ein Bollwerk für Arbeiter und Angestellte. Und ich denke, so wird sie auch wahrgenommen.

Diese Basisarbeit geht einher mit einem breiten Themenspektrum. Aber wo fängt man an?
HK Es ist nicht so, dass alles schlecht ist, was im Land passiert. Aber gewisse Themen gehören aufgegriffen, Strukturen aufgebrochen und vereinfacht angeboten. Warum haben wir noch immer eine Winter- und Sommerzeit? Diese Umstellung ist absolut kontraproduktiv und gehört schon längst abgeschafft. Die permanente Ausdünnung der heimischen Gesundheitsversorgung muss gestoppt, dem eklatanten Mangel an Ärzten, Richtern und Lehrern entgegengewirkt werden. Prävention in diesen Bereichen wurde klar verschlafen. Bei den ganzen Statistiken und Planungen kann mir keiner erzählen, dass diese personellen Defizite nicht absehbar waren. Da hätte viel früher reagiert werden müssen. Der Leidtragende ist der Bürger, der heute keinen Arzt mehr findet, sondern auf die Klinik fahren muss, die heillos überlastet ist. Wobei Spitalsärzte und Pflegepersonal ihr Bestes zum Wohle der Patienten geben. Die Belastungen haben schon längst die rote Linie überschritten. Mir kann auch niemand erklären, warum ich mindestens 20 Prozent Eigenkapital benötige, wenn ich einen Kredit für eine Immobilienfinanzierung aufnehmen möchte. Das ist doch restriktiv. Bei so einer Regelung muss der Staat doch sofort entgegenwirken, immerhin ist die Regierung in erster Linie den Bürgern verpflichtet und nicht der Finanzmarktaufsicht. Vom Bürger über die Banken bis hin zum Baustoffhandel leidet jeder unter dieser Regelung, in der sich in ganz Europa übrigens nur wir daran zu halten scheinen. Sich in Österreich ein Eigentum zu schaffen, muss sich ausgehen können.

Ist es nicht zu einfach, alle Verantwortung dem Staat zu übertragen?
HK Sich zurückzulehnen und alles dem Staat zu überlassen, ist nicht der Ansatz. Meiner Meinung nach muss er aber die Prioritäten stärker setzen. Natürlich ist jeder Einzelne und die Gemeinschaft solidarisch gefordert, an den richtigen Hebeln anzusetzen. Der Zusammenhalt steht klar im Vordergrund und die Familie ist die Basis, die Keimzelle des Staates. In der Familie stehen wir für gleiches Gehalt bei gleicher Leistung. Und wenn der Staat Kinder haben will, dann muss er auch etwas dafür tun. Etwa beim Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen. Das hat zum Beispiel Priorität. Zudem stehen wir bei unseren Kolleginnen für gleiches Gehalt bei gleicher Leistung. Hier sehe ich die Arbeiterkammer als Korrektiv und Kontrollorgan, das sich verstärkt einbringt, um diese Gleichheit zu gewährleisten. Das gilt auch bezüglich unserer Forderungen bei der Abfertigung neu, wo wir die Unternehmer seit Jahren in die Pflicht nehmen. Ebenso trifft eine Senkung der Lohn- und Nebenkosten den Arbeitnehmer mit voller Wucht und ist daher inakzeptabel.

„Die Ausdünnung
der heimischen Gesundheitsversorgung
muss gestoppt, dem eklatanten Mangel an
Ärzten, Richtern und Lehrern entgegengewirkt werden. Prävention in diesen
Bereichen wurde klar verschlafen.“

Wird Ihrer Meinung nach die Tätigkeit der Arbeiterkammer in dem Maße gewürdigt, wie sie es verdient?
HK • Die Arbeiterkammer ist wie die Feuerwehr. Wenn es brennt, dann ist sie da. Vereinfacht gesagt, bietet sie Schutz und Hilfe für die Bürger, für die einzelnen Kollegen. Nach Rettung und Polizei liegt sie bei den beliebtesten Institutionen an dritter Stelle. Einer letzten Umfrage nach sind 98 Prozent der Bürger, die mit der Arbeiterkammer zu tun hatten, absolut zufrieden mit Angebot und Leistung. Und das Spektrum an Leistungen ist umfangreich, man denke nur an den Rechtsschutz. Fast 90 Prozent der Betriebe, die keinen Betriebsrat haben, werden rechtlich begleitet, viele Wirtschaftstreibende wenden sich an die einzelnen Abteilungen, wenn es um fachliche Unterstützung geht. Rechtsschutz und Konsumentenschutz werden auch in Zukunft eine wichtige Funktion behalten. Die Arbeiterkammer ist nach wie vor ein Bollwerk für Arbeiter und Angestellte. Und ich denke, so wird sie auch wahrgenommen.

Sie haben bereits über das gute Einvernehmen innerhalb der Arbeiterkammer gesprochen. Wird sich das in Bezug auf die Wahl ändern?
HK • Die Chemie zwischen allen Beteiligten stimmt. Jeder weiß, wo er steht und was man dem anderen zumuten kann. Bei den Anträgen wird respektvoll und tolerant miteinander umgegangen. Es ist ein Leben und ein Leben lassen, auch der Unternehmer muss leben. Aber natürlich will jeder ein Stück vom Kuchen haben. Im Hinblick auf die Arbeiterkammerwahl 2024 würde ich mir nur wünschen, dass der Termin für alle Bundesländer vereinheitlicht wird.

„Letztendlich ist immer
das Verbindende wichtig,
weil man ja für die 480.000 Mitglieder in der steirischen Arbeiterkammer was
erreichen will.“

Schon während Ihrer Zeit an der HTL für Werkzeugbau waren Sie als Klassensprecher aktiv, es folgten Soldatenvertreter und Betriebsrat. Bekannt als „Blue Harry“ waren Sie über Jahrzehnte für die Freiheitlichen in der Bezirks- und Gemeindepolitik tätig. Was braucht es, um ein „Kümmerer“ zu werden?
HK • Ein Wichtigmacher war ich immer schon. Und einer, der mit einem Sinn für Fairness ausgestattet wurde, weil ich immer schon das innerste Bedürfnis hatte, mich für Bürger, die sich nicht wehren können, einzusetzen. Das sollte nicht nur in der Politik so sein, sondern in allen Bereichen. Insofern bin ich auch Universalist geblieben, was bei der breiten Palette, die wir vertreten dürfen, auch kein Nachteil ist. Der Austausch muss immer auf Augenhöhe erfolgen. Als Vorfeldorganisation haben wir eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Landespartei und Obmann Mario Kunasek, weil er als ehemaliger Personalvertreter um die Wichtigkeit unserer Arbeit für die Steierischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiß. Als ich vor zwei Jahren meinen runden Geburtstag feierte, folgten der Einladung unter anderem der damalige Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer sowie Bürgermeister Siegfried Nagl und AK-Präsident Josef Pesserl. Denn am Ende des Tages geht es um Wertschätzung, Respekt und ein Miteinander.

Fotos: Michaela Pfleger & Michael Schnabl

P. Kovacs-Merlini

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