Grazetta

Auf Tuchfühlung

Angezogen von stilvoller Herrenbekleidung wurden Norbert Pfundner, Christian Hammer und Hannes Riedl (v.l.) schon vor über 30 Jahren. Seit zehn Jahren führen sie das Geschäft JEREMY’S in der Grazer Sporgasse. Jeremy Hackett, Gründer der gleichnamigen Herrenmodemarke, war einer der Ersten, der zum Jubiläum gratulierte. Immerhin bietet die Adresse exklusiv das komplette Sortiment des britischen Kultklassikers. Ein Gespräch über Männermode.

GRAZETTAWann ist die neue Herbst-, Winterkollektion bei Euch eingetroffen?  Worauf liegt dabei der Fokus?
CHRISTIAN HAMMER • Ab Anfang August beginnt die Anlieferung der neuen Kollektion und mit Beginn September ist das volle Sortiment bei uns im Geschäft erhältlich. Unser Fokus liegt auf qualitativ hochwertigen Kleidungsstücken, welche den aktuellen Trends entsprechen. Schon beim Einkauf der Ware denken wir an unsere Stammkunden und kaufen auch nach deren Vorlieben ein.
NORBERT PFUNDNER • Mode lässt heute prinzipiell viel zu und wichtig ist, dass sich der Träger wohlfühlt. Aber Hosen- und Ärmellänge müssen unbedingt passen. Wir kleiden unsere Kunden und verkleiden sie nicht.

Oft hört man, dass die Trends hierzulande immer zwei, drei Jahre hinter den Modemetropolen Paris, London oder Mailand hinterherhinken.
HANNES RIEDL • Auf den großen Modemessen holen wir uns regelmäßig Ideen, und ja – über so manch einen Trend staunen auch wir. Für uns ist es wichtig, eine ausgewogene Mischung aus internationalen Trends und zeitloser Mode zu finden. Wir wissen um die aktuellen Tendenzen in der Welt der Männermode und manch einem unserer Kunden passt auch eine Hosenlänge deutlich oberhalb des Sprunggelenks – wie wir es im Frühjahr auf der „Pitti Uomo“ in Italien gesehen haben. Die Modemesse in Florenz gilt als Mekka der Männermode.
NP • Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Kundenzufriedenheit. Wir zeigen Trends und unterstützen dabei, den individuellen Stil zu leben.

Findet der eigene Geschmack beim Einkauf der Kollektion auch Platz?
CH • Auf Messen und im Austausch mit unseren Produzenten holen wir uns Inspiration und Anregungen. Natürlich werden auch Entscheidungen nach persönlichem Geschmack getroffen. Doch die größte Inspiration sind unsere Kunden, von denen wir im täglichen Gespräch und der persönlichen Beratung viel über deren Modebedürfnisse erfahren. Natürlich haben auch wir drei unterschiedliche Vorlieben und so wird unser Sortiment vielfältiger.
HR • Für die wahren Individualisten müssen auch immer wieder ausgefallene Stücke dabei sein.

Kunden bekommen in Graz exklusiv bei JEREMY’S das komplette Sortiment von Hackett. Was muss eine Marke mitbringen, damit Ihr Euch für sie entscheidet?
NP • Hackett London verbindet hochwertige und exklusive Stoffe mit edlen Schnitten, das ist perfekt für unser JEREMY‘S. Die britische Traditionsmarke begleitet uns schon lange und Gründer Jeremy Hackett war heuer auch der Erste, der uns zu unserem zehnten Geburtstag gratuliert hat. Das hat uns besonders gefreut.
CH • Um in unser Sortiment aufgenommen zu werden, muss eine Marke Qualität und Stil haben, sich gut kombinieren lassen und individuell sein – sie muss das gewisse Etwas haben – JEREMY‘S eben.
HR • Viele unserer Labels sind Traditionsmarken und wir können uns auf deren Qualität verlassen. Auf dieser Basis aufbauend, entwickeln diese sich ständig weiter und mit deren Stücken können wir unsere Kunden stilsicher und zeitgemäß einkleiden. Hinzu kommen immer wieder auch kleinere, aufstrebende Marken, denen wir in unserem Store eine Plattform geben.

Sind Männer beim Kauf von Winterkleidung sicherer als von Sommerkleidung?
CH • Wir können keinen Unterschied an den Jahreszeiten festmachen. Es gibt Sommermenschen und Wintermenschen, die einen lieben es locker und luftig mit Leinen gekleidet zu sein und andere mögen es korrekt und warm eingepackt.
NP • Was auffällt ist, dass Männer eine sehr konkrete Vorstellung für ihren Hochzeitsanzug haben. Sie kommen zu uns, um eine perfekte Kleidung für diesen besonderen Anlass zu finden. Oft kommen sie in Begleitung ihres Beistandes oder auch des Brautvaters und wir dürfen sie ausstatten und somit zum Gelingen eines so wichtigen Tages beitragen.
HR • Einige Brautpaare haben uns nachher auch Fotos von der Trauung und den Feierlichkeiten geschickt. Das macht uns dann schon wirklich stolz, wenn wir darauf so schöne und glückliche Menschen sehen und wir daran teilhaben und unterstützen durften.

„Hosen- und Ärmellänge  müssen unbedingt passen.
Wir  kleiden unsere Kunden und  verkleiden sie nicht.“

NORBERT PFUNDNER

Ihr habt vor zehn Jahren gemeinsam JEREMY’S eröffnet. Wie ist es dazu  gekommen?
NP • Wir waren früher Arbeitskollegen bei einem Herrenausstatter und sind durch eine gute Schule gegangen. Wir wussten um unsere Talente und so lag es nahe, das

Gibt es eine Rollenverteilung in der Geschäftsführung oder macht jeder alles?
CH • Es kann nicht jeder alles machen, das macht auch keinen Sinn. Wir wissen um die einzelnen Stärken von jedem von uns und so fällt die Aufgabenverteilung leicht. Im Verkauf und beim Kunden sind wir zu gleichen Teilen präsent. Auch beim Einkauf der Ware ist es uns wichtig, dass wir zu dritt entscheiden, um ein ausgewogenes Sortiment zu haben.

Angenommen, ich möchte einen Anzug für den Alltag kaufen, weder für eine Hochzeit, noch bin ich Anwalt oder Banker. Wie gehen wir vor?
HR • Sie kommen zu uns in die Sporgasse und nehmen sich etwas Zeit. Im Gespräch klären wir, wie konkret die Wünsche und Vorstellungen sind. Während wir aus unserem Sortiment wählen, sitzen Sie gemütlich in einem unserer Ledersessel und genießen ein Getränk. Dabei verschaffen Sie sich einen Überblick über die Möglichkeiten. Sie wählen ihren Favoriten und probieren ihn an. Uns ist es wichtig, ehrlich und offen zu kommunizieren. Wenn ein Anzug nicht passt, dann passt er nicht. Ist der Richtige gefunden, zeigen wir Ihnen noch die passenden Accessoires wie Hemd, Gürtel, Schuhe und Stecktuch. Dann wird abgesteckt, das heißt, der Anzug wird für Ihren Körper maßgenau geändert. Im Spiegelbild sehen Sie das optimale Ergebnis. Der Anzug kommt dann in die Schneiderei und einige Tage später können Sie ihn bei uns abholen.

Inwieweit unterliegen Anzüge Trends?
NP • Die Schnitte von Anzügen verändern sich im Laufe der Zeit immer wieder. Manchmal sind sie weiter, manchmal enger, manchmal werden die Hosenbeine kürzer oder länger getragen. Was jedoch bleibt und zeitlos ist, ist ein stilbewusstes und stilsicheres Auftreten. Es ist nicht immer notwendig, dem aktuellsten Trend hinterherzujagen, sondern den eigenen Kleiderschrank mit einigen Accessoires und einzelnen Stücken so zu gestalten, dass man in möglichst vielen Situationen stilsicher auftreten kann.

„Für uns war und ist
jene persönliche Beratung wichtig, welche die
Wünsche unserer Kunden
in den Mittelpunkt stellt.“

CHRISTIAN HAMMER

Bereits seit Längerem werden Sneakers zum Anzug getragen. Gibt es gewisse Regeln, an die man sich heute noch halten muss?
CH • „Mann“ darf auch Sneaker zum Anzug tragen – wenn diese sauber und gepflegt und zum Anlass passend sind.
NP • Ja, es gibt gewisse Regeln, um mit Stil aufzutreten. Der untere Knopf von Sakkos und Gilets bleibt immer offen. Auf einer Hochzeit dürfen Gäste ihr Sakko erst ablegen, wenn es der Bräutigam getan hat. Auf unseren Social Media-Kanälen klären wir dazu regelmäßig auf.

Ist mittlerweile das Einstecktuch mehr gefragt als die Krawatte?
HR • Es gibt immer noch einige Anlässe, bei denen eine Krawatte gefragt ist, aber diese Anlässe werden weniger. Eine gewisse Lockerheit und Freiheit in der Kombination von unterschiedlichen Teilen hat Einzug gehalten. Wer einen Anzug mit weißem T-Shirt darunter trägt und dazu ein gut passendes Einstecktuch wählt, ist auf alle Fälle für sehr viele Anlässe bestens gekleidet.

JEREMY’S steht auch für ein Einkaufserlebnis, wie es „früher war“. Was versteht Ihr darunter?
CH • Wir verbinden mit „früher war“ – sich Zeit für einen Kunden zu nehmen. Mit erfahrenem Blick die Kleidergröße bestimmen zu können und den Menschen mit seiner ganzen Persönlichkeit wahrzunehmen. In unseren Räumlichkeiten schaffen wir ein Ambiente, das den Stress des Alltags etwas vergessen lässt.
NP • Uns ist die Begegnung auf Augenhöhe wichtig, um eine qualitativ hochwertige Dienstleistung anbieten zu können.

Die Spieler der Graz 99ers werden ebenso von Euch ausgestattet wie die Fußballer des SK Sturm Graz und des GAK. Hat die Kombination von Sportlichkeit und Eleganz in der Mode zugenommen?
NP • Die Unterstützung von Sportlerinnen und Sportlern aus Graz war uns immer schon ein großes Anliegen. Seit vielen Jahren sind wir Partner der Graz 99ers, des SK Sturm Graz und des GAK. Zudem kleiden wir das Organisationsteam für „The Nightrace“ in Schladming ein und sind somit modisch in allen sportlichen Säulen vertreten. Die Athleten sind ein gutes Zeichen dafür, dass sich Sportlichkeit und Eleganz auf alle Fälle nicht ausschließen. Ein schönes Sakko und ein gut geschnittenes Hemd passen auch zu einer Jeans. Trägt man dazu eine Chino, ist man ohnehin für fast jeden Anlass ein Hingucker.

Wie lange überlegt Ihr in der Früh, was Ihr anzieht?
HR • Für uns ist unser Beruf eine Berufung und unsere „Arbeitskleidung“ darf auch zeigen, welche Trends gerade aktuell sind und wie ältere Teile mit aktuellen Hinguckern kombiniert werden können.
CH • Wie wir für unsere Kunden wählen, so wählen wir unsere Outfits am Morgen – dem Wetter und den Aufgaben entsprechend. Auch wir haben Lieblingsoutfits und da funktioniert die Auswahl ziemlich rasch.

„Es gibt immer noch
einige Anlässe,
bei denen eine
Krawatte gefragt ist,
aber diese Anlässe
werden weniger.“

HANNES RIEDL

Weiß man jetzt schon um die Trends der Männermode im nächsten Sommer?
NP • Vor einigen Wochen haben wir bereits die Sommermode für nächstes Jahr bei den uns beliefernden Marken geordert. Es gibt wieder einige Trendfarben und Muster, aber unser Fokus liegt jetzt vorrangig auf der Mode für die kommenden kühleren Tage. Da halten immer mehr Strickartikel Einzug in die Kleiderschränke. Ein schöner Trend für den echten Gentleman!

Stücke, die in keinem Kleiderschrank eines Mannes fehlen dürfen.
CH • Ein Anzug, der Selbstbewusstsein verleiht und ein zur eigenen Figur passendes Hemd sowie saubere Schuhe. Und ein paar Teile, die einem beim Anziehen einfach Freude bereiten.   

Fotos: Michaela Pfleger

P. Kovacs-Merlini

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