Wer bringt seit über zehn Jahren Tausende Anleger mit innovativen Projekten und etablierten Unternehmen zusammen, um gemeinsam über 200 Millionen Euro in die Zukunft zu investieren? Peter Garber, Co-Gründer und Managing Director der Grazer Crowdinvesting-Plattform ROCKETS.
GRAZETTA • Als vor elf Jahren GREEN ROCKET gegründet wurde, hatten in Österreich die wenigsten eine Ahnung, was eine Crowdinvesting-Plattform eigentlich macht. Erster Kunde war Sunnybag, der steirische Hersteller von Taschen mit Solarpaneelen. Wie kam es zu der Idee, visionäre und nachhaltige Start-ups mit Kleinanlegern zusammenzubringen?
PETER GARBER • Das Unternehmerische hat mich immer schon gereizt. Zusammen mit meinem Schulkollegen Wolfgang Deutschmann gründeten wir bereits während unserer Zeit an der HTL ein Unternehmen. GREEN ROCKET als sogenannte Crowdinvesting-Plattform ging dann drei Jahre später an den Start. Dieses Modell war zu diesem Zeitpunkt in Österreich noch nahezu unbekannt, eine absolute Nische also. Vergleichbares gab es bis zu diesem Zeitpunkt nur in den USA. Entstanden ist die Idee eigentlich aus Bürgerbeteiligungen bei Photovoltaik-Projekten. Einer breiten Masse den Zugang zur Realwirtschaft und zu Projekten vor Ort zu ermöglichen, war einfach reizvoll. Aktiv jungen und innovativen Unternehmen und Start-ups behilflich sein zu können und gemeinsam die Zukunft mitzugestalten, das war die Grundidee.
Aktiv jungen und innovativen Unternehmen und Start-ups behilflich sein zu können und gemeinsam die Zukunft mitzugestalten, das war die Grundidee.
Wie begann die „grüne Rakete“ dann zu fliegen?
PG • Von Anfang an waren wir überzeugt, dass Interesse für Crowdfunding vorhanden ist. Die Möglichkeiten kommunizierten wir durch Pressekonferenzen und Medienarbeit. Mit jedem Investment geht man auch ein Risiko ein. In unserem Fall bietet es dabei gleichzeitig die Möglichkeit, Ideen und nachhaltige Projekte zu unterstützen. Den Zugang dazu haben wir bewusst so gestaltet, dass Menschen mit geringem Kapitaleinsatz ein Teil der Crowd werden können. Bereits ab einem Investment von 250 Euro ist man dabei. Die jeweiligen Projekte und Investments sind absolut transparent und nachvollziehbar. Man muss ihnen eine Bühne geben und sie mit Begeisterung etablieren. Ein Projekt aus dem Windkraftbereich in Norddeutschland konnte vor kurzem auf unserer Plattform innerhalb von zwei Wochen 750 Anleger und damit ein Investment von zwei Millionen Euro erreichen. Der Nahrungsergänzungshersteller Biogena generierte im Jahr 2023 über die ROCKETS-Crowd rund fünf Millionen Euro. Die Anleger können persönlich, aber vor allem auch mit den Unternehmen, in Kontakt treten und sich über die Investments informieren. Die Entscheidung, an welchem Projekt man sich beteiligt und in welcher Höhe, treffen die Kunden vollkommen selbstständig. Sie sind in die Entwicklung des Unternehmens miteinbezogen. Wir versuchen nach wie vor das Angebot an Investments so breit wie möglich aufzustellen.
Zwei Jahre nach GREEN ROCKET wurde mit HOME ROCKET 2015 der Fokus
auf Immobilienprojekte gelegt. Damals herrschte ein Boom in der Branche.
PG • Damals wurde extrem viel gebaut und entwickelt. Die Win-win-Situation für alle Beteiligten durch die Verbindung von kapitalsuchenden Unternehmen und Tausenden von Kleinanlegern war in diesem Bereich vorhanden. Denn neben Eigenkapital für die Bauträger und Banken wurde damit zusätzliches Mezzanin-Kapital an Bord geholt. Als erster Plattformbetreiber in Österreich erreichte die ROCKETS-Gruppe im Frühjahr 2021 ein Crowdfunding-Gesamtvolumen von 100 Millionen Euro. Ein nicht unwesentlicher Teil davon stammte aus den Immobilienprojekten. In der Bevölkerung war die Meinung weit verbreitet, dass bei einer Investition in Betongold nichts passieren kann. Die KIM-Verordnung und die steigenden Zinsen haben dem Boom dann ein Ende gesetzt. Früher hatten wir monatlich bis zu vier Immobilienprojekte auf der Plattform. Im nächsten Jahr werden wir vermutlich keines mehr ins Portfolio aufnehmen. Wichtig ist, dass wieder Vertrauen in Projekte aus der Realwirtschaft gefasst wird. Es wird immer Projekte und Investments geben, die scheitern. Auch dies wird von uns mit den Informationen, die uns zur Verfügung stehen, transparent kommuniziert. Wir sind nicht der Betreiber der jeweiligen Projekte, sondern geben ihnen die Plattform und verbinden sie mit dem Anleger.
In weiterer Folge expandierte die Plattform stark. Experten aus Recht, Finanzen und Marketing wurden an Bord geholt. 2016 wurde mit LION ROCKET die erste Plattform für bereits etablierte Unternehmen gegründet. Und es kam der Markt in Deutschland hinzu.
PG • Wir haben damit auf immer mehr Anfragen von teilweise traditionellen Klein- und Mittelbetrieben reagiert, die über die ROCKETS-Crowd den Zugang zu Eigenkapitalersatz suchen, aber auch ihre Marketingbotschaften kommunizieren wollten. Über die Plattform erfolgt auch eine verstärkte Kundenbindung an die Unternehmen über Sachzinsen wie etwa Gutscheine. Unser Ziel ist es, dass Unternehmen vermehrt ihre Kunden als Teil der Finanzierung sehen und Investitionsprojekte gemeinsam umgesetzt werden. Deutschland war insofern naheliegend, weil die Voraussetzungen für Anleger jenen in Österreich sehr ähnlich sind. Es gibt wenig Barrieren und die Projekte sind gerade im Bereich der alternativen Energiegewinnung spannend. Zudem wollen wir über die Plattform ein Angebot für den ganzen deutschsprachigen Raum schaffen und den Markt bis 2028 anführen.
Wie kommen die Unternehmen und Projekte auf die Plattform?
PG • Wir beobachten den Markt und sind in der Gründer- und Start-up-Szene gut vernetzt. Auf interessante und innovative Unternehmen gehen wir aktiv zu. Fakt ist, dass wir keine Bank ersetzen wollen und können. Wir sind Partner und Teil einer Finanzierung. Als solcher werden wir von vielen Kunden und über die Crowd weiterempfohlen. Unser Team und unsere Experten kümmern sich laufend um die Professionalisierung des Crowdinvesting-Services für Anleger und Projektbetreiber. Dies schafft Vertrauen und führt in weiterer Folge zu immer neuen Geschäftsbeziehungen und Partnerschaften.
Gerade in Österreich gibt es aus unserer Sicht noch extrem viel Potenzial, weil wir über viele der sogenannte „Hidden Champions“ und damit Klein- und Mittelbetriebe verfügen, deren Leistungen nahezu unbekannt sind.
Die drei ROCKETS-Plattformen wurden 2022 zu einer zusammengelegt. Warum?
PG • Die drei Plattformen entstanden jeweils aufgrund der Nachfrage des Marktes, sie sind historisch gewachsen. Mit der Zusammenlegung wollten wir die Strukturen straffen und für den Kunden vereinfachen. Das Angebot für Anleger ist dadurch breiter geworden. Nun gibt es eine Gesellschaft in Österreich und eine in Deutschland. Und damit eine ROCKETS-Familie mit einer Grundmaxime: Gemeinsam die Zukunft gestalten.
Heute beschäftigt ROCKETS als Österreichs führende Crowdinvesting-Plattform 20 Mitarbeiter, bei ROCKETS sind 47.280 Investoren registriert. Über 400 Finanzierungsprojekte wurden über die Plattform abgeschlossen, 205 Millionen Euro an Investments aufgestellt und 77 Millionen Euro ausbezahlt. Wie hoch soll die Rakete noch fliegen?
PG • Gerade in Österreich gibt es aus unserer Sicht noch extrem viel Potenzial, weil wir über viele der sogenannte „Hidden Champions“ und damit Klein- und Mittelbetriebe verfügen, deren Leistungen nahezu unbekannt sin und wo der Kunde bisher in der Finanzierung von Wachstumsplänen noch keine Rolle spielt. Das wollen wir ändern. Laut einer Studie der Fachhochschule der Wirtschaft Graz erwirtschaft en fast 200 meist familiengeführte Unternehmen einen Jahresumsatz von 300 Millionen Euro. Unser Ziel ist es, solche Unternehmen zu finden und sie einer breiten Anlegerschicht zugänglich zu machen. Unter anderem läuft auch gerade eine Eigenmission der ROCKETS Holding, bei der Investoren von Sachzinsen in Form von Bonuspunkten für weitere Investments auf unserer Plattform profitieren. Bis Ende des Jahres gibt es hier noch die einmalige Möglichkeit, sich bei ROCKETS direkt zu beteiligen und den weiteren Weg mit uns gemeinsam zu gehen.
Auch bei unseren Kunden
sehen wir ein Interesse an Innovation und eine Investitionsbereitschaft,
die sich über alle Alters-
und Einkommensschichten erstreckt.
Wurde in der Vergangenheit schon einmal über einen Verkauf der Plattform nachgedacht? Was treibt Sie weiter an? Die eigene Unternehmens-Grundmaxime „Where future happens“?
PG • Unser Auft ritt in den letzten Jahren ist nicht unbemerkt geblieben. Wir wollen nicht ausschließen, dass wir irgendwann Teil einer größeren Einheit werden. Was uns aber Tag für Tag antreibt, ist die Begeisterung für unsere Unternehmen. Auch bei unseren Kunden sehen wir ein Interesse an Innovation und eine Investitionsbereitschaft , die sich über alle Altersund Einkommensschichten erstreckt. Obwohl ich die HTL absolvierte, war ich immer von Unternehmen fasziniert. Diese Synergie aus Mut, Ideen und dem Finden neuer Wege begeistert nach wie vor. Mit ROCKETS diese Tugenden mit Angeboten an einem zentralen Ort zu bündeln, weiterzuvermitteln und zu teilen, ist etwas Bewegendes.
Fotos: Benjamin Gasser