Was bedeutet es heute, ein guter Vater zu sein? Wie sich diese Rolle in den letzten Jahren verändert hat und warum der Vatertag immer noch der kleine Bruder des Muttertags ist, darüber hat GRAZETTA mit Vätern und Söhnen gesprochen.
Es ist schon ein bisschen eine komische Sache mit dem Vatertag. Kaum jemand kennt sein genaues Datum, man weiß höchstens, dass er ein paar Wochen nach dem Muttertag ansteht.
„Der Vatertag ist so etwas wie der kleine Bruder des Muttertags“, sagt Gerald Friedrich, Fachbereichsleiter Psychologie am Amt für Jugend und Familie in Graz. Ein Befund, der in vielen Gesprächen bestätigt wird. Ein Grund dafür sind auch die etwas umständlichen Ursachen seiner Einführung. Erstmals gefeiert 1910 in den USA tat sich der Ehrentag schwer, in Österreich Fuß zu fassen. 1931 diskutierte die Kronenzeitung den Ehrentag für Väter noch in einem Pro und Contra. Erst nach dem Krieg kann der Unternehmer Helmut Herz den Vatertag durchsetzen. Der Mann war Alleinerzieher von sechs Kindern und wollte der Textilindustrie zu ein wenig mehr Umsatz verhelfen.
Dass der Vatertag punkto gesellschaftlicher Bedeutung nicht mit dem Muttertag gleichziehen konnte, dafür nennt der Psychologe Friedrich auch andere Gründe: „Die Rolle des Vaters ist weniger mit Emotionen verbunden als die der Mutter. Und was weniger emotional ist, das wird auch weniger gefeiert.“
Fragt man moderne Väter, dann bestehen eigentlich alle auf diesen Tag, der als Anerkennung für ihre Rolle in der Familie verstanden wird. „Der Tag ist mir sehr wichtig“, sagt etwa der Schmuckdesigner Mirsad Hodzic und gibt zu, dass er sich schon einmal darüber beschwert hatte, dass es für ihn zum Vatertag keine kleinen Aufmerksamkeiten gegeben hat. Hodzic ist Vater zweier erwachsener Söhne, mit dem 25jährigen Eldin führt er ein Schmuck- und Uhrengeschäft in der Herrengasse in Graz. Dass ihm der Vatertag wichtig sei, sagt auch der Psychiater Konstantin Bauer. Er ist gerade Vater einer Tochter geworden. „Vater- und Muttertag sollten gleich wichtig sein, weil ja auch beide Elternteile gleich wichtig sind und die gleiche Wertschätzung erfahren sollten.“

Ohne meinen Sohn
würde es nicht gehen.
MIRSAD (r.) UND ELDIN HODZIC
vor ihrem Geschäft in der Herrengasse
Die gleiche Verantwortung für ein Kind zu tragen, dem hat in Österreich auch der Gesetzgeber Rechnung getragen: Vater und Mutter haben das gleiche Sorgerecht, auch dann, wenn die Ehe geschieden worden ist. „Das ist gut so. Denn ein Kind hat ein Anrecht auf beide Eltern“, sagt Christan Probst, Psychiater und Stiefvater von Konstantin Bauer. „Eltern sind fehlerhaft e Wesen, ein Kind hat zwei Eltern, damit der eine Teil den Fehler des anderen ausgleichen kann.“
Vor dem Gesetz sind Vater und Mutter für ein Kind gleich wichtig, in der Praxis habe man es immer noch mit einem Annäherungsprozess zu tun. Das sagt Dominik Paleczek, Leiter des Familienkompetenzzentrums in Graz: „Wir haben immer noch ein recht diffuses Bild davon, was Vaterschaft bedeutet. Das ist mit ein Grund dafür, dass Möglichkeiten, wie zum Beispiel die Väterkarenz, nur selten genutzt werden.“ Seit ein paar Jahren erhebt die Arbeiterkammer Salzburg den Anteil der Väter, die eine Kinderauszeit nehmen. Der Befund für das Jahr 2024: Der ohnedies niedrige Anteil der Männer, der Kinderauszeit nimmt, geht erstmals seit Einführung der Möglichkeit vor 35 Jahren zurück. Eine Väterkarenz im Ausmaß von drei bis sechs Monaten nimmt nur ein Prozent der Väter. Länger als ein halbes Jahr zuhause bleiben nur mehr 0,4 Prozent der Männer. „Kinderbetreuung ist also nach wie vor Frauensache“, sagte AK-Frauenreferentin Ines Grössenberger bei der Präsentation der Studie Anfang Februar 2025.
Es geht um einen gleichwertigen Beitrag.
CHRISTIAN PROBST MIT STIEFSOHN KONSTANTIN BAUER

Auch Gerald Friedrich und Dominik Paleczek wissen aus ihrer Praxis, dass die rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau im Alltag noch nicht angekommen ist.
„Wenn ein Mann in Karenz geht, wird er auch von seinen Kollegen immer noch ein wenig schief angeschaut“, sagt Paleczek. „Personalverantwortliche rechnen auch nicht damit, dass ein Mann in Karenz gehen könnte. Die Haltung der Arbeitgeber spielt da sicher auch eine Rolle.“ Eine Rolle spielt dabei auch die Höhe des Gehalts. 80 Prozent des Gehalts bekommt man, wenn man in Karenz geht. Weil Frauen nach wie vor weniger verdienen als Männer, ist es nur logisch, dass die Frau in Karenz geht. Die traditionelle Rolle des Vaters, der das Geld nach Hause bringt, ist also noch lange nicht ausgespielt. Auch hier hat der Gesetzgeber versucht gegenzusteuern. Wenn Mann und Frau die Karenz im Verhältnis 60 zu 40 aufteilen, legt die öffentlichen Hand 1.000 Euro zum Kinderbetreuungsgeld dazu. Paleczek und Friedrich raten daher angehenden Eltern, sich rechtzeitig zu informieren und sich von der Arbeiterkammer ausrechnen zu lassen, was für beide die attraktivste Lösung ist.
In der Familie von Konstantin Bauer ist auch die Mutter in Karenz gegangen. „Weil sie das wollte“, sagt Bauer. Er hat zwar den Papa-Monat nach der Geburt der Tochter in Anspruch genommen, aber weil er als Psychiater am LKH II in Graz mehr verdient, ist es bei der einmonatigen Auszeit geblieben.

Die Rolle des Vaters ist mit weniger Emotionen verbunden.
GERALD FRIEDRICH
Fachbereichsleiter Psychologie
am Amt für Jugend und Familie in Graz
Christian Probst glaubt ohnehin, dass der Slogan ‚Ganze Männer machen halbe-halbe‘, mit dem das Frauenministerium Ende der 1990er Jahre für eine partnerschaftliche Aufteilung der Haus- und Carearbeit geworben hat, in die Sackgasse führt. „Halbe-halbe kann man nicht zählen. Es geht um einen gleichwertigen Beitrag und nicht darum, dass Vater und Mutter ihr Baby gleich oft gewickelt haben.“
Dass es für Männer tatsächlich nicht so leicht ist, ihre Rolle als Vater zu finden, dabei dürften auch körperliche Gründe eine Rolle spielen. Zu dieser Vermutung kommt Dominik Paleczek vom Familienkompetenzzentrum. „Ich merke das in unseren Väterrunden. Die Natur bereitet die Frau auf den Lebensabschnitt als Mutter vor. Sie spürt den Embryo in ihrem Körper heranwachsen. Ein Mann tut das nicht.“ Womit er aber nicht sagen will, dass Männer in der Zeit der Schwangerschaft keine aktive Rolle spielen sollen. Im Gegenteil. Aus Erfahrung weiß er, dass Männer leichter in ihre Vaterrolle finden, wenn sie ihre Partnerin zum Frauenarzt begleitet haben, mit ihr gemeinsam zum ersten Mal den Herzschlag des Embryos gehört haben und bei der Geburt dabei gewesen sind.

Wenn ein Mann in Karenz
geht, wird er immer noch
schief angeschaut.
DOMINIK PALECZEK
Familienzentrum Graz
„Frauen macht die Natur mit einer körperlichen und hormonellen Umstellung zur Mutter“, sagt Friedrich. „Bei Männern ist die Umstellung davon abhängig, wie sehr er sich einbringt. Klar ist aber, dass die Geburt eines Kindes auch bei Männern zu einer hormonellen Veränderung führen kann.“ Mirsad Hodzic steht mit seinem Sohn Eldin gemeinsam im Geschäft. Eldin ist Uhrmacher. „Ohne meinen Sohn würde es hier im Geschäft nicht gehen“, sagt Mirsad Hodciz stolz. Eldin Hodzic will sich mit dem Vater werden noch Zeit lassen. „Es ist heute nicht mehr so leicht, Kinder zu bekommen“, sagt er. „Soziale Medien machen schon ziemlichen Druck, weil alles perfekt sein muss.“ Am Vatertag wird im Hause Hodzic gegrillt und ordentlich aufgetischt. Und das passt zum Vatertag allemal.
Fotos: Benjamin Gasser, privat