Grazetta

„BILDUNG ist Sozialpolitik“

Im Gespräch mit Grazetta geht Kurt Hohensinner (ÖVP), Stadtrat für Bildung, Familie und Sport, mit Bürgermeisterin Elke Kahr hart ins Gericht und fordert mehr Geld für Kinderbetreuung und Sport.

GRAZETTAKinder und Jugendliche kehren jetzt in den Schulalltag zurück. Wo sehen Sie die größten Baustellen in Ihrem Bildungsressort?
KURT HOHENSINNER • Bildung ist immer eine große Herausforderung, alleine aufgrund der Aufteilung der Zuständigkeit zwischen Bund, Land und Gemeinden. Die größte Baustelle in Graz ist aber das Geld, vor allem in der Kinderbetreuung. Während Bund und Land Kinderbetreuung mit über 18 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich fördern, will Bürgermeisterin Elke Kahr mit diesem Geld andere Budgetlöcher stopfen. Noch viel schlimmer, das Bildungsbudget soll sogar um zwei Millionen Euro gekürzt werden. Das würde zu schweren Einschnit ten führen. Das halte ich für falsch. Bildungspolitik ist die nachhaltigere Sozialpolitik: Hier einzusparen bedeutet, an der Zukunft der Kinder zu sparen, dagegen werde ich weiterhin mit aller Kraft ankämpfen.

Ein international ausgerichteter Wirtschaftsstandort wird auf Dauer nicht an englischsprachigem Unterricht vorbeikommen. Wie sieht es dazu in Graz aus?
KH • Das ist zu Recht eine langjährige Forderung der Wirtschaft und wir sind gerade dabei, ein entsprechendes Angebot zu schaffen. Gemeinsam mit der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer sind wir in finaler Abstimmung. Ein entsprechender Pilot, also eine erste Klasse in einer Volksschule, an einem gut erreichbaren Standort, soll demnächst starten. Dieser Mehrwert ist nicht nur für Expats ein wichtiger Faktor, sondern wird auch für die Integration förderlich sein. Meine Vision ist Graz als Stadt der unbegrenzten Bildungsmöglichkeiten

Elke Kahr stopft mit Geld für die
Kinderbetreuung andere Budgetlöcher.

Graz rühmt sich, Sportstadt zu sein. Wie sieht es mit dem Schulsport aus?
KH • Wir haben im Sportjahr 2021 sehr viel bewegt und in Bewegung gebracht. Gerade für unsere Kinder ist ein entsprechendes Angebot sehr wichtig. Sport ist auch Sozialpolitik, denn Sport ist naturgemäß sozial, integrativ und obendrein noch gesund. Außerdem wirkt er zusätzlich präventiv gegen Gewalt, man lernt gemeinsam zu gewinnen und verlieren und damit viele wichtige soziale Skills. Leider werden wir seit drei Jahren aus-gebremst, Sport hat keine Priorität für diese Stadtregierung. Budgets werden gekürzt, in der Infrastruktur ist Stillstand. Das ist für mich die falsche Sozialpolitik. Das ist eine Politik, die Menschen nur alimentiert und vom günstigen Wohlwollen abhängig macht. Ich bin überzeugt: Jeder Euro in Bildung und Sport ist gut investiert. Besser früh ansetzen, als später um das Hundertfache im Sozial- oder Gesundheitssystem reparieren.

Ein Thema, an dem man in Graz derzeit nicht vorbeikommt, ist der Verkehr.
KH • Gute Politik braucht ein Gleichgewicht. Das ist unter dieser Regierung verloren gegangen. Graz ist in eine Schieflage geraten. Das sieht man vor allem beim Verkehr: Hier regiert nicht mehr Vernunft, sondern ausschließlich grüne Ideologie. Autofahrer werden ausgesperrt, die Stadt steht im Stau. Der Öffi-Ausbau ist weiterhin auf dem Abstellgleis. Dafür werden aber grüne Prestigeprojekte oft gegen den Willen der Bevölkerung einfach durchgezogen. Ich stehe für eine Verkehrspolitik, die alle Verkehrsteilnehmer mitdenkt und mitnimmt.

Am 24. November stehen in der Steiermark Landtagswahlen an. Das Abstimmungsverhalten der Grazer hat schön öfter für eine Überraschung gesorgt. Rechnen Sie damit auch heuer?
KH • Wie es Graz ergeht, wenn man drei Jahre lang nicht an Morgen denkt, das wissen die Grazer dank unserer Stadtregierung bereits sehr gut. Politik, die nur eine kleine Klientel bedient, egal ob in der Sozialpolitik oder beim Verkehr, ist für mich keine verantwortungsvolle Handlungsweise. Wir brauchen ganzheitliche Lösungen für die Wirtschaft, den Verkehr, die Bildung und vieles mehr. ÖVP-Spitzenkandidat Christopher Drexler hat Zukunftsperspektiven für alle Bereiche im Blick, die für unseren Standort nötig sind .Es stimmt, Graz war schon oft im Wahlverhalten „Swing City“, aber ich denke, politische Experimente der Ränder werden derzeit mehrheitlich nicht gewünscht. 

Foto: Markus Jöbstl

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