Grazetta

„Den ANKER werfen“

Mit seiner EBE Planungs GmbH betreut Andreas Ettl seit 25 Jahren die Baubranche und ihre Projekte von der Idee bis zur Schlüsselübergabe. Projekte gibt es nach wie vor. Aber viele scheitern an der Umsetzung, auch weil der behördliche Aufwand einfach zu groß ist. Was sind die Gründe dafür? Und was ist sein Plan?

GRAZETTA Sie haben sich vor 25 Jahren mit Ihrem Zeichenbüro selbstständig gemacht. Später folgte die Zusammenlegung mit dem Büro von Andreas Eichhober, aus der die EBE Planungs GmbH hervorging. Heute drucken große Plotter die Pläne, Ihr Unternehmen hat elf Mitarbeiter.
ANDREAS ETTL • Seit der Gründung hat sich grundsätzlich viel verändert. Als wir begonnen haben, hat das Einfamilienhaus geboomt. In den letzten Jahren widmeten wir uns vermehrt Wohnanlagen, aber auch gewerblichen Objekten von der Projektentwicklung über Planung und Architektur bis zur örtlichen Bauaufsicht. Aber die Zeiten haben sich geändert, die Bauwirtschaft steckt in einer Krise und der Boom ist vorbei.

Andreas Ettl, Geschäftsführer EBE Planungs GmbH: „Wir sind bereit, die vorgegebenen Strukturen mitzumachen, ohne dabei die menschlichen Komponenten und Bedürfnisse außer Acht zu lassen. Aber es muss sich auch wirtschaftlich rechnen. Und dies ist erheblich schwieriger geworden.“

Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür?
AE • Da gibt es einige. Rückblickend begann es schon mit Corona und den daraus resultierenden Lieferengpässen und steigenden Materialkosten. Dann folgte der Krieg in der Ukraine und in Nahost. Als Draufgabe dann die Zinspolitik und die KIM-Verordnung. Außerdem hat die Politik über Jahre eine immense Zunahme der Bevölkerung prognostiziert, der es an Wohnungen fehlt. Nach dem Motto „Bauen, koste es, was es wolle“ ist die Immobilienbranche auf den Zug aufgesprungen, hat entwickelt und gebaut, was das Zeug hält. Der Bedarf wurde offensichtlich überschätzt. Aber ein Regulativ gab es nicht. Die Anlegermodelle im Wohnungsbau sind nicht mehr zeitgemäß.

Aber diese Entwicklung war vor fünf bis zehn Jahren noch nicht absehbar.
AE • Man darf da auch niemanden einen Vorwurf machen. Ich kann mein Geld in fünf Wohnungen anlegen, aber auch in fünf Autos. Die Frage ist immer nur, wie nachhaltig und vernünftig es ist. Wir betreuen auch Projekte in Kärnten, Niederösterreich und Wien. Aber was die Entwicklung von Immobilien anbelangt, hat Graz in Österreich sicher eine gewisse Sonderstellung. Man muss sich von Seiten der politischen Verantwortlichen vermutlich auch überlegen, wie man mit diesem wachsenden Leerstand umgeht.

Welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen  auf Ihr Geschäft?
AE • Wie gesagt, legen wir unseren Fokus sehr stark auf den Wohnungsbau. Und es ist nicht so, dass es hier keine Projekte gäbe. Aber die Entwickler können die Projekte aktuell nicht verwerten. Auch nicht im geförderten Bereich, weil einfach die Nachfrage fehlt. Die Realität sieht so aus: Wir haben mit der Planung von einigen großen Wohnprojekten begonnen und mussten nach oder sogar während der Einreich- bzw. Ausführungsplanung stoppen. Bei Gewerbeobjekten wird es auch immer schwieriger, aber die Situation ist nicht so extrem, da hier die KIM-Verordnung nicht greift.

Vorbei die guten Zeiten?
AE • Seitens der Politik wird immer mehr das Thema des „leistbaren Wohnens“ laut. Jedoch wird durch die Einführung der neuen Dichteverordnung, Grünflächenfaktor, Versiegelungsgrad und dergleichen die nutzbare Nettofläche pro Grundstück immer stärker reduziert. Die Vorschriften hinsichtlich der bauphysikalischen Anforderung von Objekten wurden exorbitant verschärft. In diesem Ausmaß wird man das in der Europäischen Union schwer finden. Wie soll man so kostengünstigen Wohnraum schaffen? Dass wir in diesem Segment in Österreich eine ökologische Vorreiterrolle übernehmen, ist schon in Ordnung, aber zu welchem Preis?

„Man kann der Baubranche, die von Grund auf immer dynamisch war, nicht ewig Steine in den Weg legen.“

ANDREAS ETTL
Geschäftsführer EBE Planungs GmbH

Sie halten die ökologischen Auflagen für die Baubranche für überdimensioniert?
AE • Der Bedarf, „grün“ und mit Rücksicht auf das Klima zu bauen, ist schon gegeben. Aber vielmehr geht es um nachhaltige und durchdachte, zeitgemäße Entwicklungskonzepte und Bebauungspläne. Seit Jahrzehnten wird in die Breite und nicht in die Höhe gebaut. Und wenn ich breit baue, brauche ich eben mehr Fläche. Bei der Umsetzung ist nicht nur die Versiegelung das Thema, man muss auch auf die Dorf- und Stadtbilder achten.

Finden Projektentwickler im ländlichen Raum lukrativere Bedingungen?
AE • Im Wohnungsbau sind die Herausforderungen am Land die gleichen wie in der Stadt. Die Bau- und Materialkosten unterscheiden nicht zwischen Lebring oder Lend. Fakt ist auch, dass ein Haus heute mehr können muss als noch vor zehn Jahren. Aber die Abwicklung mit den Behörden wurde überall langwieriger. Wir sind bereit, die vorgegebenen Strukturen mitzumachen, ohne dabei die menschlichen Komponenten und Bedürfnisse außer Acht zu lassen. Aber es muss sich auch wirtschaftlich rechnen. Und dies ist erheblich schwieriger geworden. Unabhängig vom Standort.

Gibt es Ihrer Meinung nach einen Lösungsansatz?
AE • Von Seite der Behörden muss es Differenzierungen für den frei finanzierten und den geförderten Bereich geben. Grundsätzlich gehören die Anforderungen und Auflagen für Objekte überdacht, sie sollten zeitgemäß aufgestellt werden. Der behördliche Aufwand ist einfach zu groß und die Tendenz geht eher dahin, dass er noch größer wird. Da muss endlich der Anker geworfen werden. Man kann der Baubranche, die von Grund auf immer dynamisch war, nicht ewig Steine in den Weg legen.

Fotos: Michaela Pfleger

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