Sie kämpfen für eine intakte Umwelt und für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen: Lena Schilling, Spitzenkandidatin der Grünen bei der EU-Wahl im Juni, und die steirische Grünen-Chefin Sandra Krautwaschl. Beide machten sich einen Namen in der Umweltbewegung, lange bevor sie Politikerinnen wurden.
GRAZETTA • Lena Schilling, als Klimaaktivistin für Fridays For Future haben Sie immer wieder die Politik und auch die Grünen kritisiert, zu wenig im Kampf gegen die Klimakrise zu tun. Warum werden Sie jetzt selbst Politikerin?
LENA SCHILLING • Das war ehrlicherweise keine leichte Entscheidung. Ich war jeden Freitag auf der Straße, habe an die hundert Demos angemeldet, wir haben gestreikt, Petitionen und Volksbegehren gestartet. Aber irgendwann hat man demokratiepolitisch auf der Straße alles gemacht, was möglich ist. Als ich gefragt wurde, ob ich mir vorstellen könnte, für die Grünen bei der EU-Wahl anzutreten, war meine erste Reaktion: Ganz ehrlich? In die EU? Als Spitzenkandidatin für die Grünen? Aber wenn man dieses Angebot bekommt, muss man es versuchen. Es geht um unser Klima, um unsere Natur, um unsere Umwelt. Dafür will ich kämpfen.
SANDRA KRAUTWASCHL • So habe ich damals auch reagiert. Denn ein politisches Mandat war in meiner Lebensplanung gar nicht vorgesehen. Ich habe 2009 begonnen, mit meiner Familie plastikfrei zu leben. Dabei habe ich viele Menschen kennengelernt, die etwas verändern wollen in dieser Welt. So bin ich in die Politik gerutscht. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich es am Anfang kaum glauben konnte, dass ich für meine Leidenschaft, die Zukunft zu gestalten, den Rückhalt der Grünen bekommen habe. Darauf war ich unglaublich stolz und das bin ich immer noch. Ich finde übrigens deinen Weg, der ja auch meiner war – nämlich vom Aktivismus in die Politik – sehr spannend und motivierend. Ich bin davon überzeugt, dass man so viele junge Menschen begeistern und motivieren kann.
Sandra Krautwaschl (l.),
Chefin der steirischen
Grünen, und
EU-Spitzenkandidatin
Lena Schilling:
„Wir packen es an.“
Wie haben die Menschen aus Ihrem Umfeld reagiert, als Sie in die Politik gegangen sind?
LENA SCHILLING • Ich habe mich schon gefragt, ob man als Politikerin die Menschen verliert, mit denen man jahrelang Seite an Seite gekämpft hat. Aber dem war nicht so: Viele Menschen aus der Klimabewegung finden es wichtig, in die Politik zu gehen und zu versuchen, an den großen
Schrauben zu drehen. Über das sehr positive Feedback habe ich mich sehr gefreut.
SANDRA KRAUTWASCHL • Das erlebe ich ähnlich: Die Menschen, denen unsere Themen wichtig sind, schätzen es sehr, wenn man sich weiterentwickelt und auf einer anderen Ebene für das gleiche Ziel, für eine intakte Umwelt und den Erhalt unserer Lebensgrundlagen kämpft .
Frau Schilling, was haben Sie in den nächsten Jahren als EU-Abgeordnete vor?
LENA SCHILLING • Neben der klassischen parlamentarischen Arbeit ist es mir wichtig, für eine gute Kommunikation und Transparenz zu sorgen. Mir geht es auf die Nerven, dass Brüssel etwas ist, was gefühlt weit weg ist. Obwohl dort so viele Gesetze gemacht werden, die für uns hier relevant sind. Dass wir es nicht schaffen, nationale und europäische Politik zusammenzudenken. Außerdem werde ich einen Teil meines Gehalts spenden, um Projekte zu unterstützen, bei denen das Geld fehlt.
SANDRA KRAUTWASCHL • Da haben wir noch etwas gemeinsam: Ich gebe nämlich auch einen Teil meines Gehalts ab, in einen Fonds, der Jugend- und Aktivistenarbeit und Institutionen unterstützt, die für ein gutes Klima in der Gesellschaft sorgen, die über den Klimaschutz hinaus den sozialen Zusammenhalt stärken.
Wie möchten Sie selbst für ein gutes Klima sorgen?
LENA SCHILLING • Ich will den Menschen zeigen, dass es auch anders funktionieren kann. Dass es dieses „Weiter wie bisher“ gar nicht braucht. Wir fühlen uns oft klein und nicht in der Lage, etwas zu verändern. Schauen wir in die Vergangenheit: Ohne eine Frauenbewegung, die jahrzehntelang gekämpft hat, hätten wir heute kein Frauenwahlrecht. Ohne Arbeiterbewegung hätten wir heute keine Krankenversicherung und keine geregelten Arbeitszeiten. Ohne Menschen, die gekämpft haben, würden wir nicht in einer Demokratie leben. Schauen wir zurück, was wir als Menschheit schon geschafft haben: Auch heute befinden wir uns in einer historischen Situation. Die Klimakrise ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit: Es braucht Menschen, die sagen, das packen wir an. Gemeinsam können wir die Klimakrise bewältigen. Das erfordert Mut, aber auch Vertrauen ineinander.
SANDRA KRAUTWASCHL • Gemeinsam für ein gutes Klima, das ist auch meine Überzeugung. Dafür werde ich in diesem Wahljahr ganz besonders kämpfen: Für eine mutige und zukunftsfähige Politik braucht es neue Mehrheiten. Ich bin jedenfalls bereit, Verantwortung zu übernehmen, um die Zukunft der Steiermark mitzugestalten.
Ein Gespräch von Sandra Krautwaschl und Lena Schilling über Gemeinsamkeiten auf ihrem Weg von der Umweltbewegung in die Politik hören Sie im Podcast „hinterGRÜNdig“:
Foto: Marusa Puhek