Grazetta

Der Kern der Marken

Unternehmen investieren viel Geld in den Aufbau einer Markenidentität, um sich von Konkurrenten zu unterscheiden. Das Grüne Herz der Steiermark, eine der erfolgreichsten Marken Österreichs, feiert in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag und demonstriert, wie man sich auf einem umkämpften Markt erfolgreich positioniert.

Bier und Brot, das waren wohl die ersten Produkte, die einen Markennamen erhielten. Und das ist kein Zufall. Denn was in den Brotteig oder in die Maische kam, das war jahrhundertelang nicht reguliert. Knausrige Bäcker vermischten den Teig mit Asche, Bierbrauer die Maische mit den giftigen Tollkirschen, um mehr Gewinn zu machen. Der englische König Heinrich III. wollte diesen Praktiken ein Ende bereiten und erließ das erste Markenschutzgesetz für Brot, das den Kunden eine ordentliche Qualität garantierte. Beim Bier waren die Franziskaner Patres die ersten, die 1363 ihr Weißbier mit einem Branding versahen. Ihnen folgten die in Zünften organisierten Handwerker, die sich mit Markenbezeichnungen von der Konkurrenz abheben wollten. Mit der Industrialisierung begann die zweite Welle der Markenentwicklung: 1875 wurde in Deutschland das erste Markenschutzgesetz erlassen. Meissen Porzellan und das Eau de Cologne waren die ersten geschützten Marken. In Österreich gehört die Käserei Rupp mit ihrem Alma Schmelzkäse zu den Markenpionieren. 1921 präsentierte sich das Unternehmen mit der Sennerin in der Bregenzerwälder Tracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg schlug die Geburtsstunde von Marken, die heute jedes Kind kennt: Maresi 1955, Almdudler 1957, Jolly Buntstifte 1965, um nur ein paar der bekanntesten zu nennen. Wie aber entsteht eine Marke?

Markenentwicklung
Gabriel Buchmann ist bei der Firma „Messner – Die Wurstpioniere“ für das Marketing zuständig. Er ist gerade dabei, für den 1934 in Stainz gegründeten Betrieb eine Markenidentität aufzubauen. „Wir wollen mit der Marke kommunizieren, dass in unserem Unternehmen strenge Qualitätsund Reinheitsgebote gelten, dass wir keine Geschmacksverstärker verwenden und ausschließlich frisches österreichisches Fleisch verarbeiten“, sagt er. Mit der Marke soll also das Qualitätsbewusstsein des Unternehmens bekannter gemacht und die Konsumenten für eine bewusste Kaufentscheidung gewonnen werden. Bei Fleisch würden kritische Konsumenten schon länger darauf achten, dass das Fleisch aus tiergerechter Haltung kommt, bei Wurst sind die Konsumenten weniger wählerisch. Auch deshalb, weil die wenigsten Käufer mit der Lesebrille auf der Nase die Zutatenliste der Käsekrainer studieren. Buchmann lässt deshalb eine Marken- und Kundenanalyse durchführen: „Wir wollen wissen, wer unsere Kunden sind und wie diese unsere Produkte sehen“, erklärt er.
Aus den gesammelten Daten wird dann eine Kommunikationsstrategie entwickelt. Mit der Marken-Kampagne soll bei den Konsumenten das Bewusstsein gefördert werden, dass Wurst eben nicht gleich Wurst ist.

„Die Marke soll unsere Werte kommunizieren, also unsere Leidenschaft für Produkte höchster  handwerklicher Qualität und unseren Ehrgeiz, die Kunden mit innovativen Produkten zu überzeugen.“

GABRIEL BUCHMANN
Messner-Die Wurstpioniere

Messner-Filiale in Stainz: Marken- und Kundenanalyse als Vorbereitung zum Markenaufbau.

„Die Marke soll unsere Werte kommunizieren, also unsere Leidenschaft für Produkte höchster handwerklicher Qualität und unseren Ehrgeiz, die Kunden mit innovativen Produkten zu überzeugen. Wir sind ja nicht ohne Grund als Wurstpioniere bekannt“, betont Buchmann.
Wer eine Marke entwickelt und dafür viel Geld investiert, muss sich aber auch um den Schutz der Marke kümmern. Patentanwalt David Lerchbaum gilt als Experte für Markenrecht. „Die Marke als Herkunftshinweis für ein Produkt oder eine Dienstleistung kann einen großen Unternehmenswert darstellen“, sagt er. „Deshalb ist es wichtig, die Marke abzusichern.“ Das bedeute bereits im Vorfeld einer Produkteinführung zu prüfen, wie man sich gegen Nachahmungen schützen kann. Danach könne die Eintragung ins Markenregister vorgenommen werden. Damit ist aber die Sache nicht getan. Denn die Marke muss auch gepflegt und am Leben erhalten werden. „In vielen Staaten gibt es nach drei oder fünf Jahren nach der Registrierung einen Benutzungszwang“, sagt er. „Werden die Marken nicht genutzt, kann die Registrierung gelöscht werden.“

Die Marke als Herkunftshinweis für ein Produkt oder eine Dienstleistung kann einen großen Unternehmens-wert darstellen.

DAVID LERCHBAUM, Patentanwalt

50 Jahre Grünes Herz
Dieses Problem hatte das Grüne Herz Steiermark wohl nie. Die Marke des Steiermark Tourismus feiert in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag und gilt als eine der erfolgreichsten Marken Österreichs. „Zu Beginn der 1970er Jahre suchte die damalige Fremdenverkehrsdirektion unter ihrem engagierten Leiter Josef Gaisbacher gemeinsam mit Art Direktor Robert Lang nach einem Zeichen, das die zentrale Botschaft der Steiermark transportieren sollte“, berichtet die Kulturwissenschaftlerin Eva Kreissl. „1972 beauftragten sie den Künstler Helmut Gross mit der Entwicklung eines Markenzeichens.“ Gross hatte zuerst eigentlich an etwas ganz Anderes gedacht. Die Steiermark als „gemütliche Ecke“ war sein erster Zugang. Aus der Ecke wurde allerdings nichts, sie wurde als zu kantig empfunden. Man wollte zudem die Assoziation mit der Randlage des Landes in der Nähe des Eisernen Vorhangs vermeiden. Aber weil die steirischen Touristiker ohnedies mit Lebkuchenherzen warben, lag das Herz eigentlich nahe.

Marke „Das Grüne Herz“:
Der Marketing-Geniestreich feiert
heuer sein 50-Jahr-Jubiläum.

„Das Grüne Herz
stand für ein neues
Selbstbewusstsein und ein
offensives Bekenntnis zur
steirischen Heimat.“

EVA KREISSL
Kulturwissenschaftlerin

Das Grüne Herz war geboren. Auf den Entwurf folgte eine einfache, aber geniale Verbreitungsstrategie: Der Steiermark Tourismus ließ Herz-Aufkleber herstellen und hat damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Viele Steirer rissen sich um das Pickerl, es landete auf Autos neben dem A für Österreich, wurde Freunden und Gästen geschenkt und gerne auch auf Reisen ins Ausland mitgenommen. Es wurde in Gipfelbüchern in den französischen Alpen gesichtet, es tauchte in griechischen Tavernen auf und auf lateinamerikanischen Laternenmasten. Das Steiermark Herz traf auch den Zeitgeist: „In den Jahren nach 1975 entstand ein neues Heimatbewusstsein“, schreibt Eva Kreissl. Man denke nur an
die Band S.T.S, die mit ihren Popsongs im Dialekt reüssierte. „Das Grüne Herz stand für ein neues Selbstbewusstsein und ein offensives Bekenntnis zur steirischen Hei mat“, schreibt Kreissl. Nach dem Aufk leber kamen Anstecknadeln, die zu Tausenden verschenkt wurden.

Das Grüne Herz wurde Ende der 1970er Jahre auch als Zeichen der inneren Bindung eingesetzt, es galt als Zertifikat für Qualität. In den 1980er Jahren geriet das Herz in Vergessenheit. Erst 20 Jahre später wurde es von den Touristikern wiederentdeckt. „Das Grüne Herz wurde zu einem Symbol, das nach innen stärkt und verbindet, nach außen aber die Botschaft von der steirischen Herzlichkeit trägt“, schreibt Kreissl. 

Fotos: Messner, Steiermark Tourismus

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