Grazetta

GUTE Gene

Business im Blut: In diesen Familienunternehmen machen Mütter und Söhne oder Väter und Töchter gemeinsame Sache.

Wenn ein Unternehmen richtig erfolgreich wird, stellt sich oft die Frage, wie es weitergeht: verkaufen, expandieren, Investoren gewinnen? Oder die Weichen für die Zukunft stellen, indem man sich Innovation und frisches Blut in Form des eigenen talentierten Nachwuchses in die Firma holt. Wie gut das funktionieren kann, beweisen steirische Vorzeigebetriebe. Wir haben mit drei von ihnen gesprochen und uns erklären lassen, warum die Kombination von Vätern und Töchtern oder Müttern und Söhnen in der Firmenführung viele Vorteile bringt.

Süß: Julia und Josef Zotter haben nicht nur die Liebe zur Schokolade gemeinsam.

Eine der wohl bekanntesten Firmengeschichten der Steiermark ist jene der Zotter Schokoladenfabrik. 1987 gründetet Josef Zotter sein erstes Unternehmen, 1996 schlitterte er damit in die Pleite. Beim Neustart 1999 hatte er jede Menge wichtiger Erfahrungen und eine gehörige Portion Demut im Gepäck. „Ich hätte damals nie gedacht, dass das so groß wird“, erzählt er. Doch das wurde es, und 2007 stand Zotter dann vor einer großen Entscheidung: Er wollte komplett auf Bio und fairen Handel umstellen und die Schoko-Fabrik auf eine Bean-to-Bar-Produktion umstellen. Doch um die Schokolade direkt von der Kakaobohne weg verarbeiten zu können, war eine immense Investition nötig. „18 Millionen Euro mussten wir damals in die Fabrik stecken. Das ist sehr viel Geld und da wollte ich mir sicher sein, dass es auch gut angelegt ist“, so Zotter. Also fragte er seine Kinder Julia, damals 19, und Michael, damals 17, ob sie sich vorstellen könnten, später einmal ins Unternehmen einzusteigen. „Beide haben ihr Interesse signalisiert, also sind wir es angegangen“, berichtet Zotter. „Da musste ich gar nicht lange nachdenken“, erinnert sich Julia.

„Wir waren ja beide sehr stolz auf das coole Unternehmen, das auch unsere Freunde super gefunden haben. Schokolade ist ja nicht wirklich eine schwierige Entscheidung“, lacht sie. Die Umstellung auf Bio und Fair habe ihren Entschluss einzementiert. „Und den Berufswunsch, Astronautin zu werden, hatte ich schon mit 14 ad acta gelegt.“

GENÜGEND FREIRAUM

Freiraum und Respekt gehören bei Zotter zur Firmenphilosophie – ganz klar, dass das auch privat gelebt wird. „Uns hat nie jemand zu etwas gezwungen, es war meine eigene Entscheidung einzusteigen“, erzählt Julia.
„Mir war immer wichtig, dass jeder sein Talent entwickeln kann“, bestätigt ihr Vater. Michael ist der IT-Experte im Haus und leitet diese Abteilung auch, Julia und Josef sind die kreativen Köpfe des Unternehmens. Sie war federführend beim Export der fairen und umweltfreundlichen Schokoladenproduktion samt Schokoladen-Theater nach Shanghai, sie liebt es, außergewöhnliche Schokoladen zu kreieren. „Die Sorte Algen-Karamell-Ananas ist nur meinetwegen noch im Sortiment“, sagt sie lachend.

Da musste ich gar nicht lange nachdenken. Mein Bruder und ich waren beide sehr stolz auf das coole Unternehmen, das auch unsere Freunde super gefunden haben.“

JULIA ZOTTER
über die Entscheidung, in das Schokoladeunternehmen ihres Vaters einzusteigen.

Im Gespräch wird schnell klar, was für ein eingespieltes Team die beiden sind. „Natürlich gibt es manchmal Spannungen; wenn man so eng zusammenarbeitet, geht das ja gar nicht anders. Aber das Miteinander nimmt auch viel Druck heraus“, so Julia. „Ich sag immer, die Kinder können machen, was sie wollen, solange sie tun, was ich möchte.“ Ein Körnchen Wahrheit ist in diesem Scherz von Josef Zotter wohl enthalten, denn noch ist er die letzte Instanz, wenn es um maßgebliche Entscheidungen geht. „Bei einem Unternehmen mit 230 Mitarbeitern und 29 Millionen Euro Umsatz muss einer die Verantwortung übernehmen.“ Doch schon jetzt übernehmen die Kinder immer mehr Aufgaben. Auch die geplante Übergabe der Firmenführung mit 65 Jahren hat Zotter bestens durchdacht. „Wir haben uns dafür sogar eine externe professionelle Beratung geholt, die uns bei diesem Prozess unterstützt. Diese professionelle Begleitung wirft Fragen auf, die wir so wohl nie angesprochen haben – so können wir das sauber und für alle optimal über die Bühne bringen“, so Josef Zotter. Ganz lassen kann er die Schokolade aber nicht: „Ich werde auch nach meinem 65. Geburtstag mitarbeiten, aber dann auch wieder mehr mit meiner Frau verreisen.“

HINEINGEWACHSEN

Dass dieses Hineinwachsen ins Schokoladengeschäft so gut geklappt hat, wird wohl auch damit zu tun gehabt haben, dass Zotters Kinder immer dabei sein und mitkosten durften. Ein Erfolgsrezept, wie auch die Firmengeschichte der Gastro-Familie Grossauer beweist. „Wir haben im Geschwisterverband alle schon mit zehn oder elf Jahren mitgeholfen, am Familientisch ist es auch immer ums Geschäft gegangen“, sagen die Grossauer-Töchter Herti, Franziska und Isabella übereinstimmend. Herti Grossauer-Widakovich leitet mit ihrem Mann Christof Widakovich das Restaurant SCHLOSSBERG, Franziska Grossauer-Iberer das „Streets: famous food and drinks“ und den „Fischwirt im Urmeer“. Isabella Edler ist die Hausherrin im „Glöckl Bräu“. Auch die Brüder Robert und Michael leiten Betriebe des Gastro-Imperiums, das einst von Franz Grossauer gegründet wurde und zu dem heute 17 Betriebe in- und außerhalb der Steiermark gehören. Die vierte Schwester, Caroline, ist in Guatemala Kinderzahnärztin und somit das einzige von sechs Kindern, das nicht in der Gastronomie tätig ist. „Natürlich habe ich mir gewünscht, dass meine Kinder einmal ins Unternehmen einsteigen. Aber ich habe allen ihren Freiraum gelassen. Heute bin ich sehr stolz auf das Ergebnis“, erklärt Franz Grossauer. Den Unterschied zwischen seinen Söhnen und Töchtern beschreibt er augenzwinkernd so: „Die Söhne stehen schon ein bisserl unter dem Einfluss ihrer Frauen, die Töchter haben ihren eigenen Kopf und stehen voll hinter der Kernfamilie.“

Familienbande: Herti, Franziska und Isabella
(v. l.) mit Papa Franz Grossauer haben die Gastronomie im Blut.

GEMEINSAM STARK

Der Vorteil des Firmenkonstrukts: Jeder managt seinen Betrieb selbst, aber über die Holding wird vieles zentral und effizient geregelt. „Alle sind Gesellschafter, aber noch liegt die Letztendscheidung bei mir. Bei wichtigen, großen Themen müssen wir natürlich gemeinsam abstimmen, aber ich glaube, das Backup für den Notfall nimmt schon einiges an Druck heraus“, meint Franz Grossauer. „Die Synergien, die entstehen, sind natürlich großartig. Wir profitieren alle voneinander, was Ideen, Mitarbeiter und vieles mehr angeht“, ergänzt Franziska. „Die verschiedenen Charaktere der Familienmitglieder bringen große Vorteile, weil jeder seine Stärken hat und diese einbringen kann“, meint Isabella. Natürlich gebe es manchmal auch Differenzen, ganz normal sei das unter Geschwistern. „Wichtig ist uns dabei, dass diese Meinungsverschiedenheiten auf unser Familienmiteinander keinen Einfluss haben.“ Herti sieht das Miteinander überhaupt als den größten Vorteil der Firmenkonstellation: „Es ist für mich wunderschön, dass wir uns so oft sehen und auch auf einer anderen Ebene begegnen. Nachdem das Unternehmen das Leben meines Vaters ist, bin ich sehr froh, daran teilhaben zu dürfen.“

Die Söhne stehen schon ein bisserl unter dem Einfluss ihrer Frauen, die Töchter haben ihren eigenen Kopf und stehen voll hinter der Kernfamilie.“

GASTRONOM FRANZ GROSSAUER
über den Unterschied zwischen seinen Söhnen und Töchtern.

Natürlich gebe es Unterschiede, etwa beim Führungsstil. „Der Papa ist da noch ganz alte Schule, wir arbeiten heute mit anderen Techniken und achten noch mehr auf die emotionale Mitarbeiterbindung. Mittlerweile geht aber jeder seinen Weg, der Papa nimmt sich schon sehr zurück und wenn er einmal vorbeischaut, kommt er als angenehmer Gast“, sagen die Töchter. Franz Grossauers Tipp für eine gelungene Zusammenarbeit der Generationen: „Man muss die Jungen selbstständig arbeiten lassen, die haben oft super Ideen. Man muss aber hinter ihnen stehen und ein bisschen nachgeben können.“

Und was ist der beste Ratschlag, den das Gastro-Urgestein seinen Töchtern mitgegeben hat? „Auch wenn es gerade viel zu tun gibt, nie auf die Details vergessen“, so Herti. „Tua net reden, sondern mach“, schmunzelt Isabella. „Alles immer sofort erledigen, nix aufschieben“, meint Franziska.

FREUDE AM JOB

Diese Freude am Job, die man im Gespräch mit der Familie Grossauer spürt, findet man auch bei Anita Frauwallner, Gründerin des Instituts AllergoSan, und ihrem Sohn und Co-Geschäftsführer Bernd Assinger. „Jedes Mal, wenn ich unsere Firma betrete, erfüllt es mich mit Glück und innerer Zufrieden- heit, weil wir mit unserer Forschungsarbeit rund um OMNi-BiOTiC® Sinn stiften für den Erhalt unseres wichtigsten Gutes – unserer Gesundheit“, sagt Frauwallner. Gegründet hat sie das erfolgreiche Grazer Unternehmen aus einem sehr persönlichen Beweggrund: Ihr Mann, selbst hervorragender Arzt, verstarb an Darmkrebs, als ihr einziger Sohn noch ein Kind war. „Dabei hatten wir nicht nur auf Medikamente gebaut, sondern auch Ernährung und vieles andere berücksichtigt – vergebens. Und ich war überzeugt, irgendetwas hatten wir übersehen, es musste noch irgendetwas anderes geben. So bin ich auf die Darmbakterien aufmerksam geworden, die nun bereits seit über 30 Jahren mein Leben und meine Arbeit bestimmen“, erzählt Frauwallner.

Powerduo: Anita Frauwallner und Sohn Bernd Assinger managen gemeinsam das Institut AllergoSan.

Der Einstieg Assingers ins Unternehmen war jedoch keineswegs vorgezeichnet. Er ist Jurist, unter anderem spezialisiert auf Medizinrecht. In Wien, London und Graz hatte er in renommierten Kanzleien als sehr erfolgreicher Rechtsanwalt gearbeitet. Doch vor zehn Jahren stellte sich die Frage nach dem nächsten Schritt für das Unternehmen: verkaufen oder den globalen Sprung über Österreich hinaus wagen? „Meine Mutter und ich haben das Thema natürlich eingehend besprochen und im Zuge dessen fragte sie mich, ob ich nicht in das Unternehmen einsteigen wolle, um die Internationalisierung des Instituts AllergoSan zu starten. Die Chance, über das eigene Unternehmen die Gesundheit und das Wohlbefinden unzähliger Menschen positiv zu beeinflussen und gleichzeitig einen Beitrag zu dem neuen, extrem spannenden Forschungsbereich ‚Mikrobiomtherapie‘ zu leisten, war einfach zu verlockend. Heute noch bin ich sehr froh über meine Entscheidung“, erzählt Assinger.

Die Zusammenarbeit empfinden beide als sehr harmonisch. „Ich könnte mir niemand besseren für die Leitung des Unternehmens wünschen als meinen Sohn“, sagt die Mutter. „Ein wesentlicher Vorteil ist natürlich die bestehende Vertrauensbasis. Wir wissen auch in stressigen Zeiten, dass wir die Werte teilen, die das Unternehmen ausmachen, und dass wir auf die gleichen Ziele hinarbeiten“, ergänzt der Sohn. Auch privat geht es viel ums Geschäft, und das sei auch gut so. „Das Institut AllergoSan ist mehr als nur ein Arbeitsplatz, den man am Feierabend hinter sich lässt, es ist ein Lebensgefühl und eine Mission.“ Und oft gelingt die Entscheidungsfindung beim gemeinsamen Abendessen sogar leichter als zwischen zwei Terminen.

Die Chance, über das Institut Allergosan die Gesundheit und das Wohlbefinden unzähliger Menschen positiv zu beeinflussen, und gleichzeitig einen Beitrag zum Forschungsbereich ‚Mikrobiomtherapie‘ zu leisten, war einfach zu verlockend.

BERND ASSINGER
über die Gründe für den Einstieg in das Unternehmen seiner Mutter.

VONEINANDER LERNEN

Der gegenseitige Respekt zeige sich auch daran, dass man Ratschläge voneinander annimmt.Der beste, den seine Mutter ihm gegeben hat, ist für Assinger folgender: „Jederzeit, ganz besonders in schwierigen Situationen, im Auge zu behalten, warum wir das Alles am Institut AllergoSan eigentlich tun: Wir tun das für unsere Patienten, Partner und Mitarbeiter. Wir stellen die Menschen in den Mittelpunkt der Entscheidungen.“ Und was hat Frauwallner von ihrem Sohn gelernt? „Geduldiger zu sein. Das ist für mich kein Leichtes. In Situationen, die mich sehr aufregen, öfter einmal durchzuatmen und besonnener zu sein, denn mit Ärger lassen sich wenige Probleme lösen.“

Fotos: AllergoSan, Werner Krug, Zotter/J. Jud

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