Grazetta

Die WIPFEL der TANNE

Im Zeichen der Tanne schlug SPAR im Jahre 1958 als Lebensmittelhandel  seine Wurzeln in der Steiermark und im Südburgenland. Fünf Jahre später trieb mit der TANN, dem hauseigenen Frischfleisch- und Wurstproduzenten, eine  weitere unternehmerische Spitze aus dem österreichischen Familienunternehmen. Christoph Holzer, Geschäftsführer der SPAR Steiermark und TANN Graz-Leiter Andreas Hofer begleiten eine Institution zum zweifachen Jubiläum.

Es ist offensichtlich ein Erfolgskonzept, das sich auch 65 Jahre nach der Gründung bewährt. Die Zusammenarbeit zwischen Großhändler und selbstständigen Einzelhändlern war die Maxime, nach der Theodor Poppmeier sen. 1958 die freie Handelskette SPAR in der Steiermark und dem Südburgenland gründete. Damit konform ging die Grundidee, nach der sich 1932 in den Niederlanden Lebensmittelhändler basierend auf dem Slogan „Door Eendrachtig Samenwerken Profiteren Allen Regelmatig“ zu Deutsch: „Durch einträchtiges Zusammenarbeiten profitieren alle regelmäßig“ zu einem Verbund zusammenschlossen. Aus dem niederländischen Wahlspruch ergab sich wiederum das Akronym „De Spar – die Tanne.“ Daraus leitet sich der Name der hauseigenen Frischfleischproduktion TANN ab. So viele Geschichten und Anekdoten begleiten die beiden Jubilare, dass es mitunter sogar verwirrend werden könnte, wären da nicht SPAR Steiermark Geschäftsführer Christoph Holzer seit 27 Jahren und TANN Graz-Leiter Andreas Hofer seit 23 Jahren im Familienkonzern, und sorgen für Klarheit.

GRAZETTA Sie begehen heuer beide ein doppeltes Jubiläum mit Pioniercharakter. SPAR wird in der Steiermark 65 Jahre alt, der hauseigene Fleisch- und Wurstwarenproduktionsbetrieb TANN feiert den 60er. Die Integration in den Lebensmittelhandel galt damals als absolutes Novum. Wie kam es zu der Idee?
CHRISTOPH HOLZER Der Schritt, als erster Lebensmittelhändler auch Frischfleisch im Angebot zu haben, war revolutionär und ein weiterer Meilenstein, nachdem die Familie Poppmeier 1958 mit SPAR Steiermark und Südburgenland den Einzelhandel mit Großhändlern zusammengeschlossen hatte. Die Idee zur eigenen Fleisch- und Wurstproduktion kam Theodor Poppmeier jun. während einer Reise in die USA, wo der Fleischverkauf im Lebensmittelhandel schon längst gang und gebe war. Die Gründung der TANN erfolgte dann 1963. Ge startet wurde in der Grazer Humboldstraße gemeinsam mit Fleischermeister Karl Loidl als einzigem Mitarbeiter auf zehn Quadratmetern. Theodor Poppmeier hat dort im Keller selbst noch die Knochen gesägt.
ANDREAS HOFER Zur damaligen Zeit haben viele kleinere Betriebe noch selber geschlachtet, und einen Fleischhauer für den Handel zu finden, war nahezu unmöglich. Aber im Laufe der Zeit haben immer mehr von den besagten Betrieben ihre Tätigkeiten reduziert und eingestellt.

Wie gestaltet sich Abstimmung untereinander im Hinblick auf Organisation und Ausrichtung nach so vielen Jahrzehnten der Expansion?
AH Die TANN ist ein Bereich der SPAR am Standort Graz, insofern laufen Abstimmung und Organisation in einem engen Korridor zusammen. Jeder der sechs TANN-Standorte verfügt über eine eigene Spezifikation. Im kärntnerischen Föderlach etwa wird der Fokus auf die Schinkenproduktion gesetzt, in Graz setzen wir auf hochqualitative Fleischprogramme und haben uns für ganz Österreich als Steak Kompetenzzentrum mit zwei Dry Aged Reifekammern etabliert. Alleine in der Steiermark verarbeiten wir rund 16.000 Rinder pro Jahr. Etwa 70 Prozent davon sind Qualitätskalbinnen, bei den 30 Prozent handelt es sich um ausgewählte Ochsen. Man kann sagen, dass wir die besten Rinder des Landes bekommen. Insofern basiert die gemeinsame Abstimmung in allen TANN-Fleischwerken auch nach über sechs Jahrzehnten auf höchstem Qualitätsanspruch.
CH Die Spezifikation der einzelnen TANN-Standorte inkludiert auch die jeweiligen regionalen Gepflogenheiten. So werden die Frisch- und Brühwürste nach regionalen Rezepturen zubereitet. Der Konsument in Wörgl oder Dornbirn hat da bei gewissen Wurstwaren einen traditionell anderen Geschmack, als jener in Marchtrenk. Diese Anforderungen werden in der Ausrichtung natürlich berücksichtig und haben dazu beigetragen, die exklusive Markenidentität der TANN zu stärken. Das ist nicht von heute auf morgen passiert, aber wir hatten ja auch sechs Jahrzehnte Zeit.
AH Als ich vor 23 Jahren bei der TANN als Lehrling begonnen habe, drückte man uns oft noch den Stempel der industriellen Produktion auf. Heute sieht man uns in der Landwirtschaft und bei den Bauern als verlässlichen Partner und als Manufaktur.

„Fakt ist, dass wir die Kombination von Qualität und Geschmack in den Vordergrund stellen. Als steirischer Händler setzen wir den Fokus auf die Steiermark und die Ansprüche seiner Einwohner.“

CHRISTOPH HOLZER
Geschäftsführer SPAR Steiermark

Die Ansprüche des Konsumenten in Bezug auf Fleisch und dessen Herkunft sind in der Vergangenheit stetig gestiegen. Inwiefern sind da die entsprechenden qualitativen Ressourcen vorhanden?
CH • Historisch gesehen ist der Fleischkonsum seit dem Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg ein Ausdruck von wirtschaft lichem Erfolg. Fleisch am Teller zu haben war ein Synonym dafür, es geschafft zu haben. Der Anspruch an hochqualitative Produkte ist für uns hingegen nicht neu, sondern war immer schon Teil unserer Philosophie. Als einer der ersten Lebensmittelhändler haben wir Mitte der 1990er-Jahre das AMA-Gütesiegel österreichweit für alle Betriebe als Mindestbasis eingeführt. Und auf diesem Fundament wurde stufenweise immer weiter optimiert.
AH • Die Sensibilisierung der Konsumenten beim Fleischkauf hat zweifelsohne zugenommen, das ist schon seit Längerem spürbar. Und sie wird weiterhin steigen. Dahingehend hat sich die Philosophie der TANN auch zahlreichen Markenfleischprogrammen verschrieben. Vor etwa 15 Jahren war die Rasse der Murbodner Rinder vom Aussterben bedroht. Das war früher eine Zweinutzungsrasse und wurde auch als Zugtiere eingesetzt, aber mit einer exklusiven Fleischqualität, die sich laut Überlieferungen schon Kaiser Franz Joseph schmecken ließ. Durch die Partnerschaft mit dem Verein der Murbodnerzüchter und einer fix garantierten Abnahme konnte die Rasse wieder neu belebt werden.

Ist die Steiermark beim Fleisch prinzipiell Rinder lastig?
AH • Die TANN verarbeitet in ihren Werken mehr als 68.000 Tonnen Frischfleisch pro Jahr. Alleine in Graz sind es rund 11.000 Tonnen. Damit zählen wir zu Österreichs größtem Fleisch- und Wurstwarenproduzenten und zu einem der größten Partner der Landwirtschaft im Land. Das ist aber nicht nur dem Rind geschuldet. So initiierten wir vor vier Jahren auch ein partnerschaftliches Programm mit Bauern aus dem Vulkanland und dem Mühlenhof, die uns exklusiv mit Duroc-Schweinen beliefern. Der Kunde honoriert das auch und handelt dementsprechend: Genuss steht im Vordergrund, nicht das Sättigungsgefühl.
CH Fakt ist, dass wir in der Steiermark eine Überproduktion an Schweinefleisch haben. Fakt ist aber auch, dass wir die Kombination von Qualität und Geschmack in den Vordergrund stellen. Als steirischer Händler setzen wir den Fokus auf die Steiermark und die Ansprüche seiner Einwohner.

Wie kommt es zum Kontakt zu den einzelnen Partnern in der Landwirtschaft?
AH Der Austausch erfolgt mit langjährigen Partnern und persönlichen Kontakten, über die wir weiterempfohlen werden. Die Kriterien für eine Partnerschaft sind umfangreich, klar definiert und reichen je nach Programm von der Gentechnik freien Fütterung bis zum definierten Platz und Auslauf. Viele Bauern wollen in der Tierhaltung neue Wege gehen und sich dabei verwirklichen. Die Einstellung muss gesamtheitlich passen. Zudem informieren sich die Landwirte über eine Partnerschaft mit der TANN etwa über die Programme mit der Erzeugergemeinschaft Steirisches Rind.
CH Es sind teilweise vor allem die Jungen, welche den Hof übernehmen und ihn auf innovative Weise weiterbringen wollen. Dabei geht es ihnen nicht um Masse, sondern eben um die bewährte Qualität. Diesen Spirit bemerken wir auch in anderen Bereichen der regionalen Lebensmittelproduktion. Diese Partnerschaften haben ihren Preis, den wir auch bereit sind zu zahlen. Als ordentlicher Kaufmann ist es unsere Aufgabe, das Produkt am Markt erfolgreich zu positionieren und zu verkaufen. Es ist verständlich, dass die Menschen verstärkt auf den Preis achten und die Herkunft hinterfragen. Lebensmittel emotionalisieren und Fleisch ganz besonders.

„Die Sensibilisierung der Konsumenten
im Fleischkauf hat zweifelsohne zugenommen, das ist schon seit Längerem spürbar. Und sie wird weiterhin steigen.“

ANDREAS HOFER
TANN Graz-Leiter

Neben Neubauten und Modernisierungsprojekten investiert SPAR im Jubiläumsjahr auch 45 Millionen Euro in den Ausbau des Trockensortimentlagers am Standort der Zentrale in Graz-Puntigam.
CH Bereits vor einigen Jahren sind wir bei unserer Lagerkapazität an die Grenzen gestoßen. Der letzte Ausbau dieser Art liegt schon zwölf Jahre zurück und durch die erfolgreiche vergangene Entwicklung war es notwendig, diesen nächsten baulichen Schritt zu vollziehen. Wann immer es möglich ist, versuchen wir den Bedarf unserer Kunden mit regionalen Produkten abzudecken. Aktuell finden sich über 4.000 Artikel von mehr als 300 steirischen Herstellern in unseren Regalen. Wir versorgen von Graz aus mittlerweile 271 SPAR-, EUROSPAR-, und INTERSPAR-Standorte in der Steiermark wie im Südburgenland und damit 1,36 Millionen Einwohner. Und wir sind auch für die Zukunft mit der Erweiterung der Lagerfläche um 9.500 Quadratmeter sowie einem vollautomatischen Paletten-Hochlagerregal, welches von der Firma KNAPP realisiert wird, gerüstet. Die Fertigstellung wird voraussichtlich Mitte 2024 erfolgen. Langfristig gesehen wird dies aber nicht die letzte Ausbaustufe sein. Weiters legen wir den Fokus weiterhin auf den Ausbau unserer Filialen.

Das Ladennetz ist dicht geknüpft. Allein im letzten Jahr wurden 16 Standorte modernisiert oder neu eröffnet.
CH Als gesundes Familienunternehmen investiert SPAR auch gesund. Aktuell gibt es in der Steiermark und im Südburgenland 137 Standorte, die von selbstständigen Einzelhändlern betrieben werden. Erst im Februar konnten wir mit dem Einzelhändler Rudolf Osterberger einen Nahversorger im Herz-Jesu-Viertel in Graz eröffnen. Der Standort in Heiligenkreuz am Waasen wird modernisiert, in Leibnitz eröffnet ein komplett neuer INTERSPAR-Markt. Viele unserer Standortentwicklungen betreffen bereits bestehende Objekte. Unsere Ambitionen sind auch der traditionell hohen Nahversorgungsdichte in Österreich geschuldet. Das kann man mit anderen Märkten in Europa nicht vergleichen. Der Österreicher ist gewohnt, auf kurzem Wege ein breites Konsumangebot zu bekommen. Dies war im Übrigen auch der Grund, warum wir uns mit SPAR-Express in Tankstellen positioniert haben. Statistiken zeigen zudem, dass der Österreicher ein leidenschaftlicher Aktionskäufer ist. Als wir 2008 die S-Budget Produkte und damit auch die Diskont-Schiene einführten, war das kein unwesentlicher Teil des Erfolges zur Marktführerschaft. Es zeigt, dass beginnend mit einer Einstiegsmarke ein gutes, breites und tiefes Sortiment geboten werden kann.

Mit der steten Expansion des Unternehmens geht auch ein fortwährender Bedarf an Arbeitskräft en einher. Aktuell werden bei SPAR in der Steiermark und im Südburgenland 320 Lehrlinge in zwölf Berufen ausgebildet. Über 100 werden heuer wieder aufgenommen. Das Angebot richtet sich auch an Quereinsteiger.
CH • Wir bieten Mitarbeitern neben flexiblen Arbeitszeitmodellen, aktivem Karenzmanagement sowie zahlreichen Weiterbildungsmöglichkeiten wie Lehre mit Matura. Vor allem jene Mitarbeiter, die im direkten Kontakt mit den Kunden stehen, gilt es dementsprechend zu schulen und zu unterstützen. Dafür wurden wir unter anderem auch mit dem Gütesiegel „Berufundfamilie“ ausgezeichnet.

Wie sieht diese Unterstützung aus?
CH • Sie dürfen nicht vergessen, dass der Einkauf von Lebensmitteln aus der Sicht des Kunden oft ein „Muss-Einkauf“ ist, der aus dem Versorgungszwang heraus resultiert. Damit einher geht oft zeitlicher Stress, was sich wiederum auf die Stimmung des Kunden gegenüber dem Mitarbeitenden negativ auswirken kann. Diese zusätzlichen Belastungen haben für Mitarbeiter im Handel allgemein in der Vergangenheit zugenommen. Und gerade hier muss der Arbeitgeber vorbeugend unterstützen und ausbilden.

Fotos: Conny Leitgeb

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