Man möchte meinen, wer wie die WEGRAZ über ein halbes Jahrhundert lang immer wieder Visionen rund ums Bauen und Wohnen auf den Boden bringt, dem gehen irgendwann die Ideen aus. Das Gegenteil ist der Fall. Behauptet Gernot Katzenberger. Und der muss es als Geschäftsführer eines renommierten Immobilienunternehmens ja wissen.
GRAZETTA • Die WEGRAZ wurde 1974 gegründet und gilt somit als „Urgestein“ in der Immobilienlandschaft. Was sind Ihrer Meinung nach die Konstanten für diese Langlebigkeit?
GERNOT KATZENBERGER • Die WEGRAZ hat sich langfristig über die Grenzen der Steiermark hinaus einen guten Ruf erarbeitet. Wir haben Mitarbeiter, die über Jahrzehnte im Unternehmen tätig sind und ihr Wissen und ihren Erfahrungswert stets weitergegeben und entwickelt haben. Wesentlich für solch ein langes Bestehen ist sicher die Grundmaxime „Qualität setzt sich immer durch“. Das findet Anerkennung und schafft Vertrauen. Kunden, die einmal bei uns gekauft haben, tun es immer wieder.
„Prinzipiell stelle ich mir
bei Wohnprojekten immer
die Frage, ob ich dort selber
gerne wohnen würde.“
GERNOT KATZENBERGER
Geschäftsführung WEGRAZ
Im Laufe der Jahrzehnte wurden mehr als 300 Projekte realisiert. Welche Parameter müssen vorhanden sein, damit eine Vision umgesetzt wird?
GK • Seit der Gründung hat die WEGRAZ immer schon spannende, nicht alltägliche und gelegentlich auch mutige Projekte realisiert. Wie der Maxime entsprechend war es dabei dem Unternehmen und den Verantwortlichen wichtig, qualitativ hochwertigen Wohnraum zu schaffen. Und dazu gehört ein bisschen mehr als die eigenen vier Wände, eben auch ansprechende Architektur, spannende Lagen und einladende Außenbereiche. Das ist gesamtheitlich auch der Spin, den WEGRAZ-Gründer Reinhard Hohenberg heute noch verfolgt. Aus der Zusammenarbeit mit renommierten Architekten wie Zaha Hadid, Ernst Giselbrecht oder Hermann Eisenköck in ganz Österreich sind zudem absolut innovative Projekte entstanden.
Als Geschäftsführer liegt die Entscheidung über die Umsetzung ja letztendlich bei Ihnen.
GK • Die Anforderungen an das Wohnen sind eine persönliche wie emotionale Geschichte. Prinzipiell stelle ich mir bei Wohnprojekten immer die Frage, ob ich dort selber gerne wohnen würde. Und bis jetzt war dies auch immer ein guter Ansatz, auf den in offenen Diskussionen mit den Verantwortlichen im Management aufgebaut wird. Dazu gibt es den Satz: „Es gibt kein richtiges Leben in der falschen Wohnung.“ Wohnen ist zweifelsohne ein Grundbedürfnis, aber meiner Meinung nach, ist das Leben auf Erden zu kurz, um es sich nicht heimelig zu machen. Qualität, Lage und Ausstattung bleiben aber absolut wesentliche Faktoren, die in den Findungsprozess miteinbezogen werden.
Das Portfolio der WEGRAZ inkludiert neben dem Wohnbau aber auch Projekte im Gewerbe und Tourismus und reicht bis Kärnten, Wien, Linz und Slowenien. Wie weit geht der Unternehmensslogan „We realize Visions“ noch?
GK • Eine gesunde Mischung aus Wohn- und Gewerbeimmobilien war uns immer wichtig. Diese Mischung wird um Freizeit- und Ferienimmobilien ergänzt und rundet das Portfolio ab. Neben dem slowenischen Markt gibt es großes Potenzial und hohe Nachfrage auf noch unbekanntem Terrain. Diese Nachfragen und das Erkennen der Bedürfnisse sehen wir als Herausforderung und Ansporn. Als WEGRAZ wollen wir den Visionen und Ideen eine Form geben. Damit einher geht, dass wir für den Endverbraucher in Bezug auf Lage und Wohnen das Beste schaffen und gleichzeitig mit Anlageobjekten auch steuerschonende Optionen bieten. Touristische Projekte, die nachhaltig und umweltschonend realisiert werden, haben in den letzten Monaten einen höheren Stellenwert bekommen. Dieser Trend wird sich auch künftig weiter fortsetzen.
Wie schwierig ist es, in dieser komplexen und weitreichenden Branche noch einen Trend erkennen zu können?
GK • Es ist definitiv unsere Aufgabe, die Trends und Märkte zu erkennen. Das zieht sich durch unser ganzes Leistungsspektrum beginnend beim Ankauf, über die Bauausführung bis hin zum Verkauf. Ganzheitlichkeit ist dabei der entscheidende Faktor. Als Reinhard Hohenberg vor 49 Jahren die Vision des Wohnens revolutionierte, handelte er im Gesamten und gründete die Hohenberg-Gruppe, zu der neben der WEGRAZ, die Unternehmen Wohnreich Immobilienverwertung sowie Seria Immobilienverwaltung zählen. Mit einer flachen Hierarchie ist es bis heute erfolgreich gelungen, alle Sparten des Immobilienwesens abzudecken. Jedes Unternehmen ist ein Spezialist mit klarer Zielsetzung und Aufgabenführung. Sei es in der Entwicklung, Assanierung, Vermietung oder Verwaltung.
Den Trend von neuen und intelligenten Nutzungskonzepten setzt die WEGRAZ beim Projekt „Wir & Co.“ aktuell in Eggersdorf um. Dort entstehen 33 Wohneinheiten mit starker Ausrichtung in puncto Allgemein- und Gemeinschaftsflächen. Rendering: © Renderpohl
Aktuell wird überall von einem Wandel am Immobiliensektor gesprochen. Wo sehen Sie markante Veränderungen?
GK • Der Immobilienmarkt war immer schon einem Wandel ausgesetzt. In den letzten zehn Jahren wurde in der Branche richtig abgefeiert. Aber die Party ist jetzt vorbei. Man wird sich wieder auf die klassischen Qualitätskriterien besinnen müssen und nicht mehr alles verkaufen können, was entwickelt wurde. Natürlich sorgt die Konstellation von Krieg, Pandemie, Inflation, Zinssteigerung sowie steigenden Rohstoffpreisen für eine Ausnahmesituation. Aber diese Phase gilt es auszustehen und nach einem Tief kommt bekanntlich wieder ein Hoch. Der Kreislauf wird weitergehen.
Kann man sich für solch schwierige Zeiten rechtzeitig wappnen?
GK • Wer sich rechtzeitig breit aufgestellt hat, kann schwierige Zeiten sicher leichter durchtauchen. Es gilt auch, für Veränderungen und Prozesse offen zu sein und dabei gleichzeitig nicht das Ziel aus den Augen zu verlieren. Langfristig gesehen hat es sich bezahlt gemacht, nicht den Umsatz, sondern die Qualität mit einer offenen und ehrlichen Kommunikation in den Vordergrund zu stellen.
„Man wird
sich wieder auf
die klassischen
Qualitätskriterien
besinnen müssen
und nicht mehr
alles verkaufen
können, was
entwickelt wurde.“
GERNOT KATZENBERGER
Geschäftsführung WEGRAZ
Und ehrlich gesagt, ist es für viele Menschen momentan eher schwierig, die Vision vom Eigenheim wahr zu machen.
GK • Richtig ist, dass bedingt durch die erschwerten Kreditvergabebedingungen, die hohe Inflation und steigenden Lebenshaltungskosten sich viele fragen, ob in der gegenwärtigen Situation der Bau oder Kauf noch zu realisieren ist. Konkret damit verbunden ist, dass künftig in mittleren oder eher einfacheren Lagen mit einer reduzierten Nachfrage zu rechnen ist. In den beliebteren Lagen des Landes wird indessen mit einer moderaten Preissteigerung und einem Nachfrageüberhang zu rechnen sein.
Hat die Immobilie Ihrer Meinung nach etwas von Ihrer Attraktivität als Anlageinvestment verloren?
GK • Gerade was die Altersvorsorge anbelangt, steht die Immobilie als Anlage weiterhin hoch im Kurs. In breiten Bevölkerungsschichten herrscht eine eklatante Fehleinschätzung, was den eigenen Wohlstand nach dem Pensionsantritt betrifft. Die Erkenntnis, dass die staatliche Pensionspäter gerade einmal die Miete der eignen Wohnung abdeckt, aber nicht die Kosten für Lebensmittel sowie Kleidung, kommt für viele zu spät.
„Mit einer flachen Hierarchie ist es bis heute erfolgreich gelungen,
GERNOT KATZENBERGER
alle Sparten des Immobilienwesens abzudecken.“
Geschäftsführung WEGRAZ
Mit dem Projekt „Wir & Co“ hat die WEGRAZ in Eggersdorf bei Graz eine neue Idee des Wohnens gestartet. Wie kam es dazu?
GK • Die Vision für ein neues Miteinander im Wohnbau existiert in der WEGRAZ schon seit etwa 20 Jahren. Das Ziel in diesem Wohnprojekt ist eine nachhaltige, kooperative Nutzung im Sinne der Gemeinschaft und der Multifunktionalität, von der sich Singles ebenso angesprochen fühlen wie Pensionisten und Familien. Wir haben für das Projekt unsere Erfahrungswerte zur Erhöhung der Leistbarkeit aus unserem Ideenwettbewerb „Basic Living“ sowie die Erfahrungen aus der Umsetzung der „My Smart City Graz“ gebündelt und einfließen lassen. Wenn wir im Wohnbau an eine Sache herangehen, haben wir den Endverbraucher vor Augen und dass merkt er auch. „Wir & Co“ wird etwa Ende des Jahres fertiggestellt werden und wir entwickeln bereits parallel dazu ein Projekt unter gleichem Namen in St. Peter im Sulmtal. Gespräche über die Errichtung solcher Wohnanlagen werden aber nicht nur in der Steiermark, sondern auch in Niederösterreich, Kärnten und Oberösterreich geführt.
Die Party geht also doch weiter?
GK • Unsere Pipeline ist für die nächsten zwei bis drei Jahre auf jeden Fall gut gefüllt. Aktuell stehen wir vor der Fertigstellung des letzten Bauabschnittes in der „My Smart City Graz“ mit seinen Miet- und Eigentumswohnungen sowie Dachgärten und multifunktionalen Gewerbeflächen. In der Entwicklungsphase gibt es absolut erstklassige Projekte
am Eckberg in der Südsteiermark sowie in Pörtschach oder St. Martin am Techelsberg. Weiteres befindet sich noch in Planung.
Ist Graz in diese Planung miteinbezogen?
GK • Die Stadt wurde in den letzten Jahren mit Bauten nahezu überlaufen. Insofern haben wir momentan da keinen Fokus darauf gelegt. Aber ich denke, Graz wird gerade als Wirtschaftsstandort in Zukunft einen höheren und zentralen Stellenwert einnehmen. Dafür werden die EU-Erweiterung wie auch der Koralmtunnel sorgen. Abgesehen davon ist die Konzentration von Top-Unternehmen vor Ort enorm. Diese Entwicklung ist eine Chance, die man nutzen sollte.
Fotos: Conny Leitgeb