Ein Polit-Profi kehrt in die Steiermark zurück. Werner Amon (ÖVP) wurde Anfang Juli Landesrat für Europa, Internationale Angelegenheiten, Bildung und Personal. Ein Wechsel, der durch den Aufstieg von Christopher Drexler zum Landeshauptmann möglich wurde. Zuletzt war Amon Volksanwalt, davor seit Beginn der 1990er-Jahre in unterschiedlichen politischen Funktionen tätig, u.a. 25 Jahre als Nationalratsabgeordneter. Mit der Grazetta spricht Neo-Landesrat Werner Amon über seine ersten politischen Pläne.
GRAZETTA • Welche Erfahrungen können Sie nach drei Jahren als Volksanwalt in die Landesregierung mitnehmen?
WERNER AMON • Das sind drei Dinge: Ich habe gesehen, dass wir in Österreich eine hervorragende Verwaltung haben. Wenn Fehler passieren, müssen diese auch korrigiert werden – in konstruktiver Art und Weise. Und drittens: Wir müssen den Bürgern erklären, warum welche Entscheidungen fallen. Das ist ganz wichtig für die Akzeptanz.
Im Unterschied zu einigen anderen Bundesländern gibt es in der Steiermark keinen generellen Lehrermangel, nur einen momentanen Engpass in den Pflichtschulen. Wie kommen wir gut durch diesen Engpass?
WA • Wir sind für den Herbst gut gerüstet. Es gibt einen Pool an höhersemestrigen Lehramtsstudierenden und Quereinsteigern, die im Unterricht einspringen können. Das hat auch in der Vergangenheit schon gut funktioniert. Die Bildungsdirektion des Landes geht davon aus, dass es in nächster Zeit keinen gravierenden Lehrermangel geben wird.
„Sprachförderung ist entscheidend für offene
Bildungschancen.“
Gerade im Raum Graz gibt es etliche Mittelschulen, in denen viele Schüler aus verschiedenen Nationen mit unterschiedlichen Sprachen aufeinandertreffen. Wie kann man an diesen Brennpunktschulen die Bildungschancen erhöhen?
WA • Der Schlüssel ist für mich letztlich die Sprache. Im Kern steigen durch Sprachförderung die Bildungschancen. Da werden wir zusätzliche Angebote schaffen. Das kann durchaus bedeuten, dass wir an diesen Brennpunkten mehr Personal einsetzen müssen. Wie überhaupt mein Credo für die Bildungspolitik lautet: Wir dürfen niemand zurücklassen. Allen Kindern sollen alle Bildungswege offenstehen.
Der EU-Ausschuss der Regionen ist ganz wichtig für die europäische Integration.
Die Elementarpädagogen klagen seit geraumer Zeit über extrem schwierige Arbeitsbedingungen, vor allem über Personalmangel, zu große Kindergartengruppen, zu geringe Bezahlung. Sind Reformen im Kindergarten zu erwarten?
WA • Ich habe bereits Gespräche mit Vertretern der Elementarpädagogen geführt. Insgesamt ist es ein komplexes Thema, weil wir – nur ein Beispiel – die Gemeinden als Kindergartenerhalter mit an Bord haben müssen. Ich weiß aber, die Zeit drängt. Wir werden den Sommer über an Verbesserungen arbeiten und im Herbst ein Ergebnis vorlegen.
Wir müssen den Bürgern erklären, warum wir welche Entscheidungen treffen.
In der EU gibt es das politische Konzept „Europa der Regionen“: Die Regionen
in der EU sollen gefördert und in ihrer Eigenständigkeit unterstützt werden. Welche Bedeutung hat dieses „Europa der Regionen“?
WA • Ich möchte vorausschicken: Ich bin glühender Europäer. Gerade in letzter Zeit haben wir gesehen, dass es Herausforderungen gibt, die nur auf europäischer Ebene bewältigt werden können. Gleichzeitig brauchen Menschen ihre Heimat, sie identifizieren sich ganz stark mit ihrer Region. Der EU-Ausschuss der Regionen vermittelt sehr gut, dass die engere Heimat auch auf europäischer Ebene vertreten wird. Das ist ganz wichtig für die europäische Integration.
INFO
WERNER AMON
Geb. 1969, verheiratet, vier Kinder. Politische Funktionen u.a.:
→ Volksanwalt (2019–2022)
→ ÖVP-Nationalratsabgeordneter (1994–2019)
→ Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (2013–2020)
→ ÖVP-Generalsekretär (2016–2017)
Fotos: Conny Leitgeb