Grazetta

ÖVP: VERANTWORTUNG in den GENEN

Neun Monate sind seit der ÖVP-Niederlage bei der Grazer Gemeinderatswahl vergangen. Genügend Zeit für die ÖVP, sich nach fast 20 Jahren als Bürgermeister-Partei neu zu definieren. Stadtrat und Parteichef Kurt Hohensinner sieht die ÖVP in der Verantwortung, Graz zukunftsfit zu machen. Im Gespräch mit der Grazetta spricht Kurt Hohensinner über das Rathaus-Klima und die ÖVP-Pläne.

GRAZETTA Graz hat eine KPÖ-Grüne-SPÖ-Koalition. Wie hat sich die ÖVP beim neuen Doppelbudget einbringen können?
KURT HOHENSINNER • Die Rathaus-Koalition hat jetzt erstmals Farbe bekennen müssen. Wir haben versucht, für unsere Ressorts das Beste herauszuholen und der Koalition klarzumachen, welche Projekte unbedingt notwendig sind. Aber die Budgetverhandlungen waren sehr einseitig. Wir haben unsere Projekte vorgestellt und keine Antwort bekommen. Dass der Sozialbereich künftig gestärkt wird, ist grundsätzlich okay. Allerdings darf dies nicht überbordend zu Lasten anderer Bereiche wie Bildung, Wirtschaft und Jugend erfolgen, wie es jetzt passiert ist. Auch die Kreativwirtschaft, ein wichtiger Faktor für die Zukunftsgestaltung, ist auf der Strecke geblieben. Übrigens ist die Wirtschaft insgesamt stiefmütterlich budgetiert worden. Ich halte Unternehmer für wichtige Sozialarbeiter, weil sie Arbeitsplätze schaffen und durch die Kommunalsteuer der Stadt Einnahmen bringen.

„Wir wollen die
Entwicklung der Stadt
vorantreiben und die
Zukunft mitgestalten.“

Fallen damit Ihre Pläne ins Wasser, Graz zu einer Stadt der unbegrenzten Bildungsmöglichkeiten zu machen?
KH • Die Bildungsmöglichkeiten entscheiden darüber, ob Graz eine zukunftsweisende Stadt ist oder nicht. KPÖ, Grüne und SPÖ sehen das offenbar anders. Im Budget fehlt das Geld für Zusatz-Pädagogen in der Nachmittagsbetreuung, für Büro-Assistenzkräfte in den Pflichtschulen und für ein nachhaltiges Reformpaket in der Elementarpädagogik. Ich habe das Paket für die Kinderbetreuung und die Kindergärten präzise aufbereitet, wir haben es im Gemeinderat einstimmig beschlossen. Nur im Budget fehlt das Geld dafür.

Die Schulden von Graz werden in fünf  Jahren voraussichtlich einen Rekordwert von 2,4 Milliarden Euro erreichen. Lebt Graz über seine Verhältnisse?
KH • Wir müssen die laufenden Ausgaben durch die Einnahmen abdecken. Nur zukunftsweisende Investitionen sollten fremd-finanziert werden. Die Rathaus-Koalition wirft der ÖVP vor, Luftschlösser finanziert zu haben. Tatsächlich aber hat Graz in den letzten zehn Jahren 1,6 Milliarden Euro in Straßenbahnlinien, in Schulausbauten und in den Sozialen Wohnbau investiert. Die viel kritisierte Studie für die Plabutsch-Gondel hat 0,8 Millionen von insgesamt 1,6 Milliarden Euro Investitionen gekostet. Außerdem: 95 Prozent aller Beschlüsse über Investitionen sind einstimmig gefasst worden.

Unternehmer sind  wichtige Sozialarbeiter, weil sie Arbeitsplätze schaffen und durch die Kommunalsteuer der Stadt Einnahmen  bringen.

Wie sieht eigentlich die Zusammenarbeit mit der KPÖ und den Grünen in der Stadtregierung im Alltag aus?
KH • Ich gebe zu, in der Vergangenheit sind zweifellos Fehler passiert. Die Rathauskoalition ist mit dem Anspruch angetreten, einen neuen Stil zu propagieren. Tatsächlich ist es aber ein Uralt-Stil. Die ÖVP ist vom Informationsfluss abgeschnitten, manche unserer Projekte, etwa die Jugendstrategie, werden mutwillig zurückgestellt. Aber wir lassen uns nicht irritieren. Die ÖVP ist für wichtige Bereiche zuständig, u.a. für Bildung, Wirtschaft, Jugend und Familie. Wir wollen die Entwicklung der Stadt vorantreiben. Dazu suchen wir die konstruktive Zusammenarbeit mit allen politischen Kräften im Rathaus. Wir übernehmen Verantwortung, das liegt in der DNA der ÖVP. Als Opposition ist es aber auch unsere Aufgabe, als Kontrolle zu fungieren und anlassbezogen zu kritisieren. In meinen Ressorts möchte ich u.a. den Breitensport weiter fördern, den Personalmangel in der Elementarpädagogik bekämpfen, eine offene Jugendarbeit in der Stadt forcieren und Graz zu einer inklusiven Stadt machen.   

KURT HOHENSINNER

→ geb. 1978; verheiratet, 2 Kinder
→ Ausbildung: Behindertenpädagoge
Politische Funktionen:
im Grazer Gemeinderat seit 2003
ÖVP-Klubobmann im Gemeinderat:  2012 – 2014
Stadtrat seit 2014, derzeit zuständig für  Bildung, Sport, Familie und Jugend
ÖVP-Parteiobmann seit März 2022

Foto: Grazer Volkspartei/Friesinger

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G. Encic

Die GRAZETTA-Familie trauert um Günter Encic, der Anfang August 2023 nach schwerer Krankheit verstorben ist. Der ehemalige Radio-Programmchef des ORF Steiermark, der für zahlreiche Programminnovationen verantwortlich zeichnete, brachte seine umfassende journalistische Erfahrung und sein vielseitiges Wissen Monat für Monat in die GRAZETTA ein.
Unser Mitgefühl gilt seiner Frau und seiner Tochter.
Foto: ORF Steiermark

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