Sandra Assinger ist Chefinspektorin der Polizei und verantwortlich für die Ausbildung von Spitzensportlern. Nach einer erfolgreichen Laufbahn als Triathletin und Bergläuferin verbindet die 49-Jährige ihr Faible für Sport mit der Herausforderung, erfolgreichen Spitzensportlern eine berufliche Zukunft zu sichern. Im GRAZETTINA Interview erklärt sie, warum sie keine Society-Lady sein will.
Interview
BARBARA HOHENEDER
Fotos
BENJAMIN GASSER, PRIVAT
Haare & Make-up
STYLING BY CHRISTA WIESNER
GRAZETTINA / Sie verantworten die Ausbildung von Polizeispitzensportlern. Damit sind zumindest zwei Facetten Ihrer Persönlichkeit, Sport und Polizeiarbeit, zusammengekommen. Was ist Polizeispitzensport?
SANDRA ASSINGER / Polizeispitzensport ist ein Förderungsprogramm des Innenministeriums. Spitzensportler bekommen eine auf ihren Wettkampf- und Trainingsalltag angepasste Polizeiausbildung. Nach dem Ende ihrer sportlichen Karriere können sie in den Polizeidienst wechseln. Mein Mann Armin Assinger hat in den 1980er Jahren diese Ausbildung gemacht. Nach seiner Laufbahn im Spitzensport war er zehn Jahre lang Gendarmeriebeamter.
Gerade Skirennläufer haben ein sehr hohes Verletzungsrisiko. Die Karriere kann also von einem Tag auf den anderen vorbei sein. Da hilft eine Berufsausbildung durchaus.
SA / Genau so hat mein Mann das damals auch erlebt, als eine Absicherung für ein Leben nach dem Spitzensport. Das unterscheidet das Förderprogramm der Polizei auch von dem des Bundesheeres. Bei letzterem erhält man keine Berufsausbildung.

„SPITZENSPORTLER bekommen eine auf IHREN WETTKAMPF- und TRAININGSALLTAG ANGEPASSTE POLIZEIAUSBILDUNG.„
Wie viele Spitzensportler werden aufgenommen und welche Voraussetzungen gibt es dafür?
SA / Man muss als Sportler einem nationalen Kader angehören. Wie andere Polizeischüler auch müssen sie eine Aufnahmeprüfung bestehen. Gefördert werden Spitzensportler mit einer hohen Werbewirksamkeit, wie zum Beispiel Skifahrer und nordische Kombinierer. Aber auch Sportarten, die ein gewisses Naheverhältnis zur Exekutive haben, wie Judo oder Kickboxen, sind vertreten.
Wie bringt man Ausbildung und Sportleralltag unter einen Hut?
SA / Die Ausbildung dauert für Spitzensportler fünf Jahre. Pro Jahr haben sie einen fünf Wochen dauernden Präsenzunterricht im Bildungszentrum Graz. In der restlichen Zeit lernen die Schüler mit speziellen E-Learning-Methoden und über Auftrag im Selbststudium. Sie können es sich aussuchen, ob sie diese fünf Wochen im Frühjahr oder im Herbst absolvieren wollen. Für Wintersportler wird sich eher das Frühjahr anbieten, wenn die Saison vorbei ist.
Verraten Sie uns ein paar Sportler, die Sie gerade in Ausbildung haben?
SA / Gerne. Die Sportler verpflichten sich ja auch, Werbeträger für die Polizei zu sein. Die Skifahrer Fabio Gstrein, Stefan Babinsky, Patrick Feurstein, der nordische Kombinierer Johannes Lamparter, um nur einige zu nennen. Wir haben die Langläuferin Theresa Stadlober im Programm, die Weltmeisterin im Rodeln Lisa Schulte und die Weltmeisterin im Kickboxen Stella Hemetsberger.
Unsere letzte GRAZETTINA-Titelheldin, Cornelia Hütter, hat auch die Polizeiausbildung absolviert. Nach dem Ende ihrer Karriere will sie zum Pressedienst der Polizei. Und davon hat sie mit großer Begeisterung gesprochen.
SA / Das ist verständlich, denn wir fangen die Spitzensportler eigentlich auf. Es gibt viele Sportarten, wie zum Beispiel Kickboxen, wo sich der Verdienst während der sportlichen Laufbahn in Grenzen hält. Durch die Ausbildung in der Polizei sind diese Sportler fünf Jahre lang versichert und erlernen einen Beruf. Wenn sie mit dem Sport aufhören, haben sie einen Job.
Spitzensportler sind eigene Menschen. Was ist bei Ihnen anders in der Ausbildung?
SA / Spitzensportler sind sehr diszipliniert. Manche Fertigkeiten erlernen sie leichter als reguläre Polizeischüler. Ein Beispiel dafür ist der Lehrgegenstand Einsatztraining. Dort erlernen die Schüler die Einsatztechnik und Einsatztaktik, um mit möglichster Schonung für das Gegenüber beziehungsweise zum Zweck der Eigensicherung eine Amtshandlung korrekt durchführen zu können. Schießtraining gehört da auch dazu. Unsere Einsatztrainer sagen mir, dass es mit den Spitzensportlern so einfach ist. Man erklärt Ihnen einen Bewegungsablauf und sie machen ihn gleich beim ersten Mal richtig. Mit anderen muss man manchmal monatelang üben. Sportler sind fokussiert, diszipliniert und es ist toll, mit ihnen zu arbeiten. Sie sind daran gewöhnt, eine Leistung zu erbringen und sie können Anweisungen sofort gut umsetzen.

Armin und Sandra Assinger nach dem Radrennen
am Spielbergring.
Dass Sie als ehemalige Bergläuferin mit der Organisation dieser Ausbildung beauftragt worden sind, war eigentlich logisch, oder?SA / 2020 wurde diese Ausbildung von Salzburg nach Graz verlagert. Mein Chef, Oberst Rupert Gruber, hat damals zu mir gesagt: ‚Wer soll denn außer dir die Planung und Organisation übernehmen?‘ Das ist ja auch wahr: Ich komme aus dem Leistungssport, mein Mann kommt aus dem Spitzensport. Das war schon irgendwie logisch.
Wie sieht Ihre Arbeit bei der Polizei aus?
SA / Seit ich 2016 vom Landeskriminalamt in die Sicherheitsakademie gewechselt bin, habe ich drei Aufgabenbereiche.
Mein Job Nummer eins: Ich bin Mentorin für den Lehrgegenstand Strafrecht für ganz Österreich. Das bedeutet, ich erstelle alle Skripten für den Lehrgegenstand Strafrecht und bin für die Fortbildung im Rahmen der Qualitätssicherung von Strafrechtslehrenden aller zwölf Bildungszentren in Österreich verantwortlich. Die Planung und Organisation des Spitzensportkurses ist mein zweiter Aufgabenbereich. Und drittens unterrichte ich Polizeischüler in den Fächern Strafrecht und Sport.
Sie haben während Ihrer Laufbahn als Polizistin viele Jahre lang erfolgreich Leistungssport betrieben.
SA / Meine Eltern waren sehr sportlich, da kommt man als Kind quasi automatisch dazu. Begonnen habe ich mit Schwimmen, im Winter Skifahren und Touren gehen. Als Teenager kam der Triathlon dazu und im Alter von 15 Jahren bestritt ich meinen ersten Triathlon über die olympische Distanz. Das bedeutet zehn Kilometer Laufen, eineinhalb Kilometer Schwimmen und 40 Kilometer Radfahren. Nach einer schweren Sportverletzung bin ich von Triathlon auf Berglauf umgestiegen. In dieser Disziplin konnte ich viele Siege erreichen und war Landesmeisterin im Berglauf und Bergmarathon. Unter Bergmarathon versteht man einen Berglauf, der über die Marathondistanz von 42,195 Kilometer führt. Bei langen Berganstiegen überwindet man viele Höhenmeter. Ab 2013 habe ich nur noch im Team Laufwettkämpfe bestritten. In den Teamlaufbewerben konnten wir mehrere 24-Stunden-Läufe gewinnen. Mit dem Frauenteam haben wir den Grazathlon gewonnen.

SANDRA ASSINGER war LANDESMEISTERIN im
BERGLAUF und
BERGMARATHON.

Man kennt die 24 Stunden von Le Mans, aber die 24-Stunden-Läufe eher nicht. Wie funktionieren die?
SA / In dieser Disziplin läuft man Runden mit einer Länge von eineinhalb Kilometern. Mein Team bestand aus zwölf Mitgliedern. Man läuft eine Runde so schnell wie möglich, dann laufen die anderen elf, einer nach dem anderen. Die Herausforderung ist nicht die Runde, sondern dass man über einen Zeitraum von 24 Stunden immer wieder Leistung erbringen muss.
Was passiert da mit dem Körper?
SA / Man kann es mit einem 24-Stunden-Intervall-Training vergleichen. Der Muskel wird sauer, er verkrampft sich. Diese 24-Stunden-Rennen sind anstrengender als ein Marathon. Weil man zwischen den Runden immer wieder kalt wird. Wir sind zwischen den Läufen auf dem Rad gesessen, um uns warm zu halten. Für mich war es ein sehr gutes Gefühl, im Team zu gewinnen. Besser, als wenn man im Einzel gewinnt.
Sie haben Ihre Sportlerkarriere immer neben Ihrem Beruf als Polizistin betrieben. Warum tut man sich so etwas an?
SA / Mit den Disziplinen Triathlon oder Berglauf kann man kein Geld verdienen und fernsehtauglich sind diese Sportarten auch nicht. Ich habe das immer für mich gemacht und nicht, weil ich davon leben wollte. Ich bin ja seit meinem 20. Lebensjahr Polizistin. Nach Dienstschluss habe ich trainiert, manchmal auch in der Nacht, wann immer es möglich war.
Welche Aufgaben hatten Sie damals bei der Polizei?
SA / Ich war als Kriminalbeamtin im Landeskriminalamt 15 Jahre lang für den Bereich Sexualdelikte tätig. Unter anderem gehörte die Bearbeitung von Kindesmissbrauch, Vergewaltigungen und Kinderpornografie zu meinem Aufgabenbereich.
Wie hält man das aus?
SA / Wenn Kinder sexuell missbraucht werden oder ihnen auf andere Art Gewalt angetan wird, sind dies aus psychologischer Sicht die am meisten belastenden Akte, die ein Kriminalbeamter bearbeiten muss. Deshalb ist es wichtig, außerhalb des Dienstes seine Kontakte zu Freunden und Familie zu pflegen, um einen Ausgleich zu schaffen. Ich wollte aber noch mehr im Leben. Deshalb habe ich einen Master in Pädagogik und einen in Strafrecht und Kriminologie gemacht.
Sie stehen als Ehefrau von Armin Assinger in der Öffentlichkeit. Das ist eine ganz andere Welt als die Ihres beruflichen Alltags.
SA / In erster Linie zählt für mich mein Beruf, den ich seit 30 Jahren ausübe. Schon als Kind wollte ich diesen Beruf ergreifen, weil mein Vater und mein Onkel auch als Polizisten tätig waren. Ich würde meinen Job niemals aufgeben. Ich war sehr gern Kriminalbeamtin und bin jetzt leidenschaftliche Lehrerin. Ich freue mich, junge Menschen zu guten Polizisten ausbilden zu dürfen. Mein Mann ist eine Person des öffentlichen Lebens, ich bin es nicht. Ich begleite meinen Mann zu gewissen Veranstaltungen, wenn es für ihn wichtig ist und er mich darum bittet. Ich möchte nicht als ‚Frau von‘ gesehen werden, denn ich habe, wie gesagt, mein eigenes Leben. Mein Mann findet meinen Ehrgeiz und meine berufliche Tätigkeit toll und würde ein anderes Verhalten von mir gar nicht wollen.
Word Rap
MIT SANDRA ASSINGER
KAFFEE TRINKE ICH IN GRAZ
im Schäffners am Tummelplatz
ESSEN GEHE ICH AM LIEBSTEN ZUM
El Gaucho und Landhauskeller
IN GRAZ FEHLT MIR
eine gemütliche Bar und mit guter Musik für Menschen ab 40
HUND ODER KATZ?
Ich liebe beide.
IN DER FRÜH BRAUCHE ICH
Zwei Cappuccini
ENTSPANNEN KANN ICH MICH MIT
Radfahren, Laufen und mit guten Gesprächen
EHRENAMTLICHES ENGAGEMENT
Schirmherrin Herzkinder von 2016-2024
MEINEN URLAUB VERBRINGE ICH
im Sommer in Kärnten, im Winter in der Sonne Afrikas oder Lateinamerikas.
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Wellness-Oase