Grazetta

„BEWEGUNG in den Alltag INTEGRIEREN“

Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) erklärt im Grazetta-Interview, welche Vorteile die Gesundheitshotline 1450 für Patienten bringt und warum es wichtig ist, die Gesundheitskompetenz der Bürger zu stärken.
Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl: „Gesundheit an Schulen unterrichten“

GRAZETTA  Die Ende 2023 beschlossene Gesundheitsreform sieht einen massiven Ausbau der Gesundheitshotline 1450 vor. Was erwarten Sie von  der Aufwertung dieses Instruments?
KARLHEINZ KORNHÄUSL • 1450 wurde als Gesundheitstelefon eingeführt, aber dann in der Pandemie vor allem als Corona-Hotline bekannt. Jetzt gilt es den Ursprungsgedanken wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken. 1450 ist der Einstieg ins und ein Navigationssystem durch das Gesundheitssystem. Die Gesundheitsberatungen werden von diplomierten Pflegefachkräften, die dafür speziell ausgebildet worden sind, durchgeführt. Im Hintergrund sind für die diplomierten Pflegekräfte immer auch Ärzte zur Unterstützung da, falls ihr Fachwissen bei der Klärung einer Frage notwendig sein sollte. An Wochenenden und Feiertagen stehen unter 1450 auch Kinderärzte zur Verfügung, was gerade in den Wintermonaten besonders wichtig ist.

1450 soll vor allem auch verhindern, dass Patienten mit weniger ernsthaften Beschwerden in die  Spitalsambulanzen gehen.
KHK • Das ist eines der Ziele. 1450 ist eine Hotline, die Menschen beraten soll: Genügt es, eine Verkühlung mit Hausmitteln zu behandeln oder soll man doch zum Hausarzt gehen? Die Mitarbeiter von 1450 wissen aber auch, welche Apotheke und welcher Arzt in der näheren Umgebung des Anrufers geöffnet hat. Ist akut eine Untersuchung oder Behandlung im Krankenhaus notwendig, verständigt der Mitarbeiter direkt die Rettung. 1450 ist eine wichtige Ergänzung in unserem abgestuften und vielfältigen Versorgungssystem.

Lässt sich sagen, wie viele unnötige Besuche von Spitalsambulanzen von der 1450-Hotline verhindert worden sind?
KHK • Uns liegen Zahlen aus dem vergangenen Herbst vor, die zeigen, wie effizient 1450 bei der Patientensteuerung ist. Pro Monat gab es in der Steiermark rund 8.000 Anrufe, zwei Drittel der Anrufer haben auf Anfrage erklärt, dass sie ohne 1450 in die Spitalsambulanz gefahren wären. Diese Zahlen zeigen deutlich, dass diese Hotline ein wirksames Instrument zur Entlastung der Spitalsambulanzen sein kann. Wir wissen auch, dass die durchschnittliche Wartezeit gerade einmal elf Sekunden beträgt. An der Kritik, man würde ewig lang warten, ist also nichts dran.

1450 ist der Einstieg ins und ein Navigationssystem durch das Gesundheitssystem. KARLHEINZ KORNHÄUSL, Gesundheitslandesrat

Wie sicher ist die medizinische Auskunft, die man bei 1450 erhält?
KHK • Wenn der Mitarbeiter der Hotline es für notwendig erachtet, wird er dem Anrufer empfehlen, den Hausarzt aufzusuchen oder im Notfall direkt die Rettung verständigen. In einer nächsten Ausbaustufe wird es auch eine Videoverbindung geben. Aber ich möchte schon betonen, dass 1450 nicht den persönlichen Kontakt zum behandelnden Arzt ersetzen kann und soll.

Eines der Ziele der Gesundheitsreform ist auch die Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bürger. Wie kann das gelingen?
KHK • Es stimmt, dass viele Menschen das Gefühl für den eigenen Körper, aber auch das Wissen um erprobte Hausmittel verloren haben. Ich würde den Menschen wünschen, dass sie eine Großmutter hätten, wie ich sie hatte. Großmütter haben noch gewusst, dass man eine Verkühlung mit Tees und Hühnersuppe kuriert. Heute schaut man als ersten Schritt einmal ins Internet, weil man in Sorge ist. Wer ein Symptom in die Suchmaschine eingibt, der bekommt oft Antworten, die noch mehr Angst machen. Als Arzt, der in der Notaufnahme gearbeitet hat, hatte ich in jeder Nacht einen völlig verängstigten Patienten. Das Internet ist also Segen und Fluch zugleich. Das Thema Gesundheit muss daher im Schulunterricht eine größere Rolle spielen. Es geht ja auch um gesundheitsförderndes Verhalten, also um gesunde Ernährung, Bewegung und den Verzicht auf Alkohol und Zigarette. Sich eine Spur mehr zu bewegen, sich eine Spur bewusster zu ernähren, nicht zu rauchen, das würde schon helfen.

Wie bringt man die Steirer dazu, sich mehr zu bewegen?
KHK • Wir wissen, dass Bewegung lebensverlängernd ist und da spreche ich nicht einmal von Sport. Es geht darum, ein bisschen mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren, damit erreicht man schon einiges. Kleine Besorgungen zu Fuß machen, Treppensteigen oder zehn Minuten Morgengymnastik, das würde helfen. Als junger Turnusarzt hatte ich ein pensioniertes Ehepaar bei der Vorsorgeuntersuchung: Ihre Blutzuckerwerte und Blutdruck waren ein wenig zu hoch, aber nicht in einem Ausmaß, dass Medikamente notwendig gewesen wären. Ich habe dem Paar geraten, sich einen Hund anzuschaffen. Nach drei Monaten kamen sie wieder. Ihre Werte waren normal, ganz einfach deshalb, weil sie regelmäßig mit ihrem Hund spazieren gegangen sind. Es geht also darum, regelmäßige Bewegung in den Alltag zu integrieren. Die Ausrede, man habe dafür keine Zeit, gilt nicht.

Wie groß ist die Personalnot im Pflegebereich in der Steiermark?
KHK • In der Steiermark ist es nicht besser oder schlechter als in anderen Bundesländern. Wir haben es mit einem europäischen Phänomen zu tun. Das 130-Millionen-Personalpaket für Mitarbeitende der KAGes war eine wichtige Maßnahme, die auch den Pflegeberuf finanziell aufwertet. Bei den Gehältern von jüngeren Pflegekräften war die Steiermark österreichisches Schlusslicht. Mit den 130 Millionen Euro haben wir uns bei den Gehältern an die Spitze katapultiert. Es braucht zusätzlich aber noch weitere Verbesserungen, wie Dienstplansicherheit, das Zurückschrauben bürokratischer Aufgaben und den Ausbau der Kinderbetreuung. Das sind Maßnahmen, die nicht über Nacht Wirkung zeigen. Aber die Lage entspannt sich: Im Oktober hatten wir erstmals seit langem mehr Eintritte in die KAGes als Austritte, sowohl im pflegerischen als auch im ärztlichen Bereich. 

Foto: Michaela Pfleger

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