Grazetta

Mit fremder Zunge

Einer der lohnendsten Wege, das Gehirn in Schwung zu halten, ist das Erlernen einer Fremdsprache. Das eigene Englisch zu perfektionieren, sollte dabei Priorität haben, sagen Experten. Wer zumindest ein paar einfache Sätze in der Muttersprache des Geschäftspartners sprechen kann, wird seinem Gegenüber damit eine große Freude machen.

Wie viele Sprachen du sprichst, so oft bist du Mensch“, schrieb Johann Wolfgang von Goethe 1833 in seinen Maximen und Reflexionen. Goethe selbst beherrschte neben Latein, Altgriechisch und Hebräisch die modernen Sprachen Französisch, Italienisch und Englisch. Das behauptet zumindest Goethes Biograf Johann Peter Eckermann. Mit seinem Plädoyer für die Vielsprachigkeit wollte Goethe seinen Mitbürgern vor Augen führen, dass ihnen mit einer Fremdsprache „zu Hause kein Fremder unbequem, er aber in der Fremde überall zu Hause ist“. Prägnanter und schöner lassen sich wohl die Vorteile der Mehrsprachigkeit nicht auf den Punkt bringen.

Aber welche Fremdsprache sollte man in Angriff nehmen. Rieke Karner, Sales Managerin für Sprachen im BFI gibt darauf eine klare Antwort: „Ich rate allen, als ersten Schritt das Englisch zu perfektionieren.“ Denn Englisch ist längst die Lingua Franca der internationalen Geschäftswelt. Die Sprache des Geschäftspartners zu sprechen, sei ein zusätzliches Plus: „Aber es genügt vollkommen, in dessen Muttersprache ein paar nette Worte sagen zu können“, sagt Karner. „Denn Verhandlungen oder andere wichtige Besprechungen werden in der Regel auf Englisch oder mit Hilfe eines Dolmetschs geführt.“ Aber auch Karner räumt ein, dass rudimentäre Kenntnisse anderer Sprachen im Job und auf Reisen hilfreich sein können. „Wer auf dem Anhängerniveau A2 in der Muttersprache des Gegenübers ein wenig plaudern kann, der tut sich auf jeden Fall leichter, eine gute Basis für Geschäftsbesprechungen zu schaffen.“ Ganz abgesehen davon, dass der Versuch, dem Gegenüber in dessen Muttersprache zu begegnen immer als ein Zeichen der Wertschätzung und der Höflichkeit gesehen werden wird.

Muttersprache von 1,2 Milliarden
Menschen:
Mandarin ist die meistgesprochene
Sprache der Welt

Wenn es um den weltweit größtmöglichen Nutzen geht, dann müssten wir wohl Mandarin lernen. Chinesisch wird von 1,2 Milliarden Menschen gesprochen, nicht nur in China selbst, sondern auch in Taiwan und Singapur. Nur dass Mandarin mit seiner Schrift nicht gerade leicht zu erlernen ist. Ähnlich schwer dürft e auch das Arabische sein, das weltweit von 200 Millionen Menschen in 57 Ländern gesprochen wird. Jahrelanges konsequentes Studium ist notwendig, um wenigstens Grundkenntnisse zu erwerben.

Ich rate allen, als ersten Schritt das Englisch, die Lingua Franca der internationalen Geschäftswelt, zu perfektionieren. Die Sprache des Geschäftspartners zu sprechen, ist ein zusätzliches Plus. Aber es genügt vollkommen, ein paar nette Worte sagen zu können.“

RIEKE KARNER
Sales Managerin für Sprachen im BFI

Lohnender ist da schon das Erlernen des Spanischen. Nach dem Mandarin ist Spanisch weltweit mit 500 Millionen Muttersprachlern die meist gesprochene Sprache. Auch wenn das Französische an Boden verliert, Französisch ist die Verkehrssprache in den Institutionen der Europäischen Union, in der internationalen Diplomatie und in vielen Ländern Westafrikas.

So gut wie alle Schüler lernen in Österreich Englisch, aber nur 8,8 Prozent eine weitere Fremdsprache. Damit liegt Österreich nach Angaben von Eurostat im EU-Vergleich an zweitletzter Stelle. In Luxemburg und Finnland hingegen ist eine zweite Fremdsprache für alle Schüler Pflicht. Das Erlernen einer Fremdsprache hilft aber nicht nur im Geschäftsleben und erleichtert den Zugang zu anderen Kulturen, es tut auch dem Gehirn gut. Sprache ist eine kognitive Hochleistung des menschlichen Gehirns. Menschenaffen können zwar Laute verschiedenen Dingen oder Situationen zuordnen, die Zusammensetzung von Wörtern nach grammatikalischen Regeln, diese Fähigkeit ist dem Menschen vorbehalten.

Fremdsprachen machen Menschen
weltoffener und toleranter.

Um also eine Fremdsprache zu erlernen, nutzt der Mensch Strukturen des Gehirns, die er bereits für die Muttersprache angelegt hat. Neurowissenschaftler haben zwei Sprach-Regionen identifiziert, mit denen der Mensch geboren wird: Das Broca-Areal im linken Stirnlappen erlaubt es uns, einen Satz nach syntaktischen Regeln aufzubauen. Das Wernicke-Areal verarbeitet die semantische Bedeutung von Wörtern und Sätzen. Die Wernicke-Region ist dafür verantwortlich, dass Säuglinge Wörter lernen und abspeichern können. Mit sechs Monaten können Babys Gegenständen Wörter zuordnen und Fehler erkennen, auch wenn sie noch nicht selbst sprechen. Mit drei Jahren verstehen Kleinkinder mit dem Wernicke-Areal einfache Sätze mühelos. Um grammatikalisch schwierigere Sätze begreifen zu können, müssen sie auf das Broca-Areal zurückgreifen können, was erst in späteren Jahren gelingt. Wissenschaft ler der Universität von Chicago haben herausgefunden, dass das Erlernen von Fremdsprachen hilft , bessere und schnellere Entscheidungen zu treffen und das Selbstvertrauen zu stärken. Sprachen eröffnen den Zugang zur Kultur und machen den Sprecher offener und toleranter. Aber ist das mühsame Vokabeln- und Grammatik Büffeln heute überhaupt noch notwendig? Oder übersetzt der Computer oder die App auf dem Handy genauso gut wie der Mensch? Die Antwort hängt davon ab, wen man fragt.

Hilfe bei einfachen Texten:
Maschinelle Übersetzungen sind
immer mit Vorsicht zu genießen.

Professionelle Übersetzer beantworten die Frage mit Anekdoten von fehlerhaften Computerübersetzungen. „Roll call vote“, also die namentliche Abstimmung der Abgeordneten im Parlament hat der Übersetzungscomputer zur „Abstimmung der Semmeln“ gemacht. Das Beispiel zeigt recht gut, wo maschinelle Übersetzungen an ihre Grenzen kommen: Die Basis einer maschinellen Übersetzung ist nichts anderes als auswendig gelernte Vokabeln. Hinzukommen allgemeine Regeln der Grammatik, das Programm erkennt, wie ein Zeitwort in der zweiten Person Plural aussehen muss. In einem nächsten Schritt eignet sich die Maschine bereits übersetzte Textbausteine an und versucht, typische Muster und Verbindungen zu erkennen.

Die maschinelle Übersetzung ist bei Wörtern mit mehreren
Bedeutungen nicht in der Lage, zu erkennen, was gemeint
ist. Sie ist von Zweideutigkeiten überfordert, denn sie
kann nur wiedergeben, aber nicht frei entscheiden. Hinzu
kommt, dass Maschinen den Kontext einer Aussage nicht
erkennen können.

Damit versucht die Maschine, neue Texte flüssiger und ansprechender zu machen. Was aber nicht bedeutet, dass der flüssige Text auch richtig sein muss. Wörter haben mehrere
Bedeutungen, wie z.B. das englische Wort „Turkey“, in der maschinellen Übersetzung kann der Urlaub schon einmal im Truthahn stattfinden. Der Grund für den Fehler ist leicht erklärt. Die Maschine ist bei Wörtern mit mehreren Bedeutungen nicht in der Lage, zu erkennen, was gemeint ist. Die maschinelle Übersetzung ist von Zweideutigkeiten überfordert, denn sie kann nur wiedergeben, aber nicht frei entscheiden. Hinzu kommt, dass Maschinen den Kontext einer Aussage nicht erkennen können. Beim „Turkey“ also das Kochrezept oder die geografische Angabe. Eine Übersetzungs-App am Handy wird reichen, wenn man sich die Angaben auf der Speisekarte übersetzen lassen will oder wenn man in einer Fremdsprache nach dem Weg fragen will.

Smalltalk in der Muttersprache
des Geschäftspartners
als Geste der Höflichkeit.

Maschinelle Übersetzungen bewähren sich außerdem immer dann, wenn es um technische oder mathematische Texte mit einfacher Syntax handelt. Nützlich sind die maschinell hergestellten Übersetzungen immer auch dann, wenn es darum geht, sich schnell einen Überblick über einen Text zu verschaff en. Es gilt also die Regel, je einfacher der Text und je geringer die Ansprüche des Lesers, umso sinnvoller sind maschinelle Übersetzungen. Auch wenn die Programme laufend verbessert werden, eigene Fremdsprachenkenntnisse ersetzen werden sie wohl nie.

Fotos: adobestock.com – Keitma, adobestock.com – fi zkes, adobestock.com – daviles, adobestock.com – acob Lund

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