Grazetta

Ein fairer Begleiter

Die Solidarität mit den Arbeitern, die dringend Wohnraum brauchten, war ausschlaggebend für die Gründung der ENNSTAL vor 75 Jahren. Nicht nur in Liezen war ein fairer und solider Anbieter von leistbarem Wohnraum gefragt und so folgte eine stete Expansion bis heute. Wolfram Sacherer, Vorstandsvorsitzender der Wohnbaugruppe ENNSTAL weiß, um die Integrität als Basis für die weitere Zukunft.

Das Thema rund ums Bauen und Wohnen um Immobilien im Allgemeinen hat insofern etwas mit dem Wetter gemein, als das man auch mit Menschen ins Gespräch kommt, die man gar nicht so gut kennt. Geschehen letztens an einem Stand beim Kaiser-Josef-Platz. Da erzählte ein pensionierter Beamter des Landes Steiermark über seine Erfahrungen im Wohnbau. „Am verlässlichsten waren immer die Ennstaler. Die Abwicklungen liefen stets korrekt ab“ war er voll des Lobes. Integrität und soziales Engagement begleitet das Unternehmen seit der Gründung 1947 bis heute. Die Schritte von einer kleinen Werksgenossenschaft zu einer der größten Wohnbaugenossenschaften Österreichs dürfen beeindrucken. Wolfram Sacherer, Vorstandsvorsitzender der Wohnbaugruppe ENNSTAL, ist den Weg mitgegangen.

GRAZETTA • Die Wohnbaugruppe ENNSTAL ist bereits vor über 20 Jahren in ihrer Tätigkeit eine Klimaaktiv-Partnerschaft eingegangen. Mit dem „Green Tower“ in Graz-Reininghaus ist man nun verantwortlich für ein begrüntes Hochhaus, das als erstes seiner Art in der Steiermark gilt. Wie würden Sie diesen „grünen“ Prozess beschreiben?
WOLFRAM SACHERER • Es ist wahrlich ein Prozess, für den wir uns im Unternehmen selbst schon relativ früh entschieden haben. Schon zu Anfang war es unser Ziel, die Betriebskosten zu senken. Dafür wurde intern ein eigenes Team gegründet, das die Solaranlagen in den Häusern und deren Erträge überwacht und optimiert. Im Laufe der Jahre suchten wir immer wieder nach neuen Möglichkeiten, haben nachgerüstet, uns Überlegungen angestellt. Der „Green Tower“ im Quartier 1 in Graz-Reininghaus ist das Resultat solch einer Überlegung. Mit der Bepflanzung der breiten Balkone bringen wir Natur in die Stadt, können durch Nahwärme nachhaltig heizen und mit einem Freecooling-Prinzip im Sommer einen weiteren ökologischen Mehrwert erzielen.

Werden diese Überlegungen von den künftigen Bewohnern honoriert?
WS • Natürlich braucht es auch Bewohner, die mit dieser Philosophie mitziehen. Ich denke, man muss solche Projekte grundsätzlich gesamtheitlich betrachten. Es klingt vielleicht inflationär, aber es geht da um eine nachhaltige Ausrichtung, die von der Infrastruktur bis hin zur Mobilität neue Wege geht. Zu unseren Kunden gehören Familien wie auch Singles und Senioren und dahingehend gibt es auch ganz unterschiedliche Ansprüche. Da geht es um Räume der sozialen Begegnung im Gebäude, wie auch den Nahversorger oder den Kindergarten ums Eck.

„Fakt ist auf alle Fälle, dass wir
all diese Faktoren in unsere
Überlegungen und Ausrichtung lassen.“

Seit der Gründung vor 75 Jahren hat die Wohnbaugruppe ENNSTAL rund 2,2 Millionen Quadratmeter an Wohnraum geschaffen, und verwaltet über 50.000 Einheiten. Gibt es für einen Routinier noch Herausforderungen?
WS •
Das Thema „Wohnen“ ist sicherlich komplexer geworden, weil es auch vielseitiger
geworden ist. Zu Beginn stand der Gedanke, schnell und unkompliziert zu unterstützen. Die Mitarbeiter in der Hütte Liezen brauchten vor 75 Jahren dringend Wohnraum, also organisierte sich die Genossenschaft. Da ging es um Solidarität und das Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Menschen und Gemeinden. Heute geht es beim Wohnen um Faktoren wie
etwa Homeoffice, die Größe der Wohnung, die Energiebeschaffung. Das kann man als
Herausforderungen wie auch als logische Entwicklung bezeichnen. Fakt ist auf alle Fälle, dass wir all diese Faktoren in unsere Überlegungen und Ausrichtung miteinfließen lassen.

Als Maxime des Unternehmens gilt seit jeher „Der Mensch ist das Maß aller Dinge.“
Kann man sich diese „soziale Ader“ in der heutigen Zeit noch leisten?

WS •
Eines ist bei uns in der Entwicklung über die Jahrzehnte ganz klar konstant geblieben: Das Wachstum hatte nachhaltige Ziele und es ging den Verantwortlichen immer um den Nutzen und das Wohl der Kunden und Mitarbeiter. Eine hohe Eigenkapitalquote und eine kluge, langfristige Grundstücksbevorratung waren dabei stete Begleiter. Die Qualität und nicht die Gewinnorientierung steht im Vordergrund. Sicher sind Grundstücke enden wollend und Preise steigen. Aber es geht darum, dass die Objekte bewohnt sind und Menschen dort gerne und zufrieden leben. Wohnraum ist für uns keine Ware und spekulative Geschäfte sind nicht unsere Sache.

Welche Parameter sind für ein erfolgreiches Wohnbauprojekt Ihrer Meinung nach entscheidend?
WS •
Dabei erfolgt ein regelmäßiger Austausch im Team und auch mit unseren Kunden. Priorität hat sicherlich nach wie vor die Lage, und überhaupt wird die umliegende Infrastruktur immer wichtiger. Wir beobachten auch eine zunehmende Nachfrage im ländlichen Raum. Das sehen wir nicht nur in der Steiermark, sondern auch bei unseren Projekten in Oberösterreich und Kärnten. In der Vergangenheit hat die ENNSTAL auch immer wieder zahlreiche kleine Wohneinheiten in eher strukturschwachen Regionen errichtet. Mit Qualität und weitsichtiger Planung konnten
dabei Leerstände vermieden werden. Einige unserer Projekte haben ganze Gemeinden wieder belebt und haben Nahversorger in die Ortschaft geholt. Das wird nicht nur von den Gemeinden selbst, sondern auch von den Bewohnern geschätzt.

Wir suchen immer wieder aktiv auch Grundstücke und da hilft sicher
auch die einwandfreie Reputation.

Sie sehen also kein Problem in der Abwanderung aus ländlichen Gebieten?
WS •
Wir sehen uns genau an, wie es in der Bevölkerung aussieht und wo es Bedarf gibt. In diesem Bereich arbeiten wir traditionell sehr eng mit den Gemeinden zusammen und haben lange Erfahrungswerte. Sicher gibt es Regionen, die ob der Abwanderung kritisch zu betrachten sind und wir bauen ja nicht auf Verdacht hin. Alleine schon aus Budgetgründen, da wir auch die Grundstücke aus Eigenmitteln finanzieren und rechtlich ganz klare Vorgaben zu erfüllen haben. Unabhängig davon haben wir uns als Partner über die Jahrzehnte einen guten Namen gemacht. Wir suchen immer wieder aktiv auch Grundstücke und da hilft sicher auch die einwandfreie Reputation.

Ihr Credo war auch stets „für neue Ideen off en zu sein.“ Sind Sie auf einen Einfall besonders stolz?
WS •
Es gab und gibt nach wie vor Ideen, die einfach ihre Zeit zum Reifen brauchen. In der Vergangenheit war der Einsatz von Holz schon herausragend. Da haben wir vor allem im mehrgeschoßigen Holzbau sicher Pionierarbeit geleistet, was auch mit der Verleihung zahlreicher Holzpreise honoriert wurde. Auch hier muss man von einem Prozess sprechen, weil wir uns mit dem Material und der Verarbeitung über Jahre beschäft igt haben. Unter Berücksichtigung aller Faktoren konnten wir Resultate erzielen, die atmosphärisch und emotional in Kindergärten, Schulen und Pfl egeheimen absolut überzeugend waren. Stolz sind wir aber vor allem auf unsere Mitarbeiter und ihr großes fachliches Wissen.

„Stolz sind wir aber
vor allem auf unsere
Mitarbeiter und ihr
großes fachliches
Wissen.“

Wie weit geht die Einbindung der Mitarbeiter bei Projekten?
WS •
Sie ist relativ umfassend, weil wir nahezu alles aus einer Hand abgewickelt wird. Das beginnt bei der Planung und reicht über das Bauen, Finanzieren und Vermieten bis hin zum Verkauf. Hinzu kommen die Serviceleistungen in der Verwaltung, Erhaltung, Pfl ege und Sanierung. Wie bereits erwähnt, gibt es auch eine eigene Energiestabsstelle, die sich um die Einsparung von Ressourcen kümmert und sich mit dem Baustoff management um den Einsatz ökologischer Materialien auseinandersetzt. Die gesamte Wertschöpfung liegt somit in der Verantwortung der Genossenschaft . Darüber hinaus wollen wir für die Kunden auch bewusst mehr tun, als vielleicht notwendig ist, dass wir etwa eine eigene „Hauskultur“ mit Konzerten für die Bewohner organisieren und Betreuungsmaßnahmen anbieten, die über das normale Maß einer Hausverwaltung hinausgehen. Oder eine Einzugsbegleitung, die den neuen Bewohnern unter anderem erklärt, wo und wann der Müll entsorgt wird. Die Aufgaben der Verwaltung werden auch digital weiter ausgedehnt und damit erreichen wir auch noch mehr Zufriedenheit bei unseren Kunden. Die Mitarbeiter wissen um unsere Philosophie und tragen sie mit. Die Situation aktiv mitgestalten und begleiten zu können, ist sehr befriedigend. Diese Möglichkeiten werden gerne angenommen.

Wie kamen Sie zu dieser Möglichkeit?
WS •
Die Verbindung mit der Wohnbaugruppe ENNSTAL reicht eigentlich lange zurück. Ich komme von der Stolzalpe, mein Vater war dort Bürgermeister und hat schon mit der ENNSTAL gebaut. Mein Weg führte mich nach Graz, wo ich nach meiner Ausbildung beim Land Steiermark unter anderem im Immobilienbereich tätig war. Später bot sich die Möglichkeit in den Aufsichtsrat der ENNSTAL zu gehen und schließlich durft e ich den Vorsitz übernehmen. Danach bin ich, vor mittlerweile 21 Jahren, vom Aufsichtsrat in den Vorstand gewechselt. Und ja, es ist etwas Besonderes für die ENNSTAL tätig zu sein und aktiv mitgestalten zu dürfen.

Fotos: Conny Leitgeb

P. Kovacs-Merlini

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