Grazetta

Einsatz zum Wohle aller

Aufklären, Beraten Informieren, Unterstützen – und auch Seelentröster sein: Apotheken leisten einen essenziellen Beitrag für die Gesundheit aller, oft unter herausfordernden Bedingungen. Alexandra Mandl, Vizepräsidentin der Steirischen Apothekerkammer, über neue Dienstleistungen, hauseigene PCR-Test-Auswertung und die Brown-Bag-Methode.

GRAZETTA • Wie geht es Apothekern derzeit?
ALEXANDRA MANDL •
Wir sind seit Februar 2020 an vorderster Front tätig und kämpfen dafür, die Bevölkerung mit allem zu versorgen, was für die Gesundheit wichtig ist. Wir haben zu Beginn der Pandemie Desinfektionsmittel selbst gemischt, wir haben mit großem Engagement Masken aufgetrieben, von den 211 steirischen Apotheken haben rund zwei Drittel Teststationen eingerichtet und alle beraten, wie man Selbsttests zuhause durchführt. Die Bedingungen für unsere pharmazeutische Arbeit sind oft herausfordernd. Plexiglaswände und das Tragen von Masken machen die Kommunikation, gerade auch mit älteren Menschen, nicht immer einfach.

Wie reagieren Kunden auf die permanente Ausnahmesituation?
AM • Für einen Großteil ist Unmut kein Thema, sie bedanken sich immer wieder für unseren Einsatz. Wir waren die einzigen Gesundheitsdienstleister, die in allen Lockdowns geöffnet hatten und die absolut niederschwellig zu erreichen sind. Apotheken sind von Handelsbetrieben längst zu Dienstleistern geworden. Von der Abnahme von PCR-Tests bis zur Auslieferung von Impfstoffen an Ärzte ist unser Aufgabengebiet breit. Wir könnten auch selbst Impfungen vornehmen, beispielsweise die Grippeimpfung. Hier fehlt aber noch die gesetzliche Grundlage. Da es im letzten Jahr kaum Grippefälle und Infektionskrankheiten gab, ist zu erwarten, dass sie heuer stärker ausfallen, da der Kontakt mit Keimen gefehlt hat. Wir empfehlen, sich auf alle Fälle auch gegen Grippe impfen zu lassen. Die Corona-Impfquote unter den Apothekern beträgt übrigens über 90 Prozent.

Was sind die Herausforderungen im Test-Procedere?
AM • Das Portal von „Österreich testet“ ist nicht auf einen derart großen Ansturm ausgelegt, sodass es immer wieder zu einem Zusammenbruch der Website kommt. Die PCR-Tests werden zumeist an externe Labors weitergeleitet – in Graz geht das per Fahrradbote relativ schnell, in Umlandgemeinden müssen die Tests jedoch erst zu zentralen Sammelstellen gebracht werden. Wie lange es im Labor dauert, darauf haben wir keinen Einfluss. Daher haben einige Apotheken Geräte für eine eigene Auswertung angeschafft, nachdem das Bundesministerium seine Erlaubnis dazu erteilt hat. Es werden täglich mehr. Auch Daten von PCR-Testungen dürfen von Apotheken seit Dezember bei „Österreich testet“ selbst eingepflegt werden.

Medikationsmanagement ist eine essenzielle Dienstleistung
von Apotheken, gerade für ältere Menschen
– aber nicht nur für sie.“

Ist der Umgang mit Fake News auch immer wieder Thema?
AM • Wir merken schon, dass Einzelpersonen nach Ivermectin fragen. Wir klären natürlich auf – etwa auch, dass hohe Dosen dieses Antiparasitenmittels zum Leberversagen führen können. Immer wieder kursiert das Gerücht, dass Nebenwirkungen von Impfungen nicht an die AGES gemeldet werden. Auch wir sind verpflichtet, Nebenwirkungen zu melden. Das können aber auch Patienten selbst über die Homepage machen.

Wie werden bei Lieferproblemen Lösungen gefunden?
AM • Diese Schwierigkeiten bestehen nicht erst seit der Pandemie, das Problem gibt es schon länger, da im Gesundheitsbereich massiv gespart wird. Arzneimittel werden häufig nur von ein oder zwei Herstellern aus dem asiatischen Raum geliefert. Fällt eine Charge aus, muss Ersatz gefunden werden. Das erfordert großen Einsatz. Wir bemühen uns um Alternativen, zuletzt haben wir eine größere Menge eines Immunsuppressivums aus Italien importiert oder für ein frühgeborenes Baby spezielle Vitamintropfen aus Spanien besorgt.

Was wäre da wünschenswert und würde mehr Sicherheit geben?
AM • Es wäre wichtig und ganz im Sinne einer raschen Versorgung, wenn wir selbstständig
über wirkstoffgleiche Präparate, also Generika, entscheiden dürften. Früher mussten wir ein Arzneimittel selbst aus Deutschland einzeln chefärztlich bewilligen lassen, wenn es in Österreich nicht erhältlich war. Dahinter steckt viel Verwaltungsaufwand.
Sicherheit ist auch in anderer Hinsicht wichtig: Wenn es um die gleichzeitige Einnahme mehrerer Medikamente geht. Medikationsmanagement ist eine essenzielle Dienstleistung von Apotheken, gerade für ältere Menschen – aber nicht nur für sie.

„Immer mehr Apotheken
schaffen sich Geräte für
eine eigene Auswertung

von PCR-Tests an, um
Bedürfnissen von Kunden
noch besser entsprechen
zu können.“

Warum ist das so essenziell?
AM • Hat man verschiedene Erkrankungen, nimmt man meist mehrere Arzneimittel gleichzeitig ein. Diese sind einzeln sehr gut wirksam und verträglich, werden sie jedoch kombiniert, kann die Wirkung beeinträchtigt werden. Gerade im höheren Alter entgiften Leber und Niere nicht mehr so gut, das ist zu berücksichtigen. Die elektronische Gesundheitsakte ELGA gibt einen guten Überblick über verschriebene Arzneimittel. Die Apotheke ist der zentrale Punkt, an dem die gesamte Versorgung zusammenläuft. Es geht aber nicht allein um verschreibungspflichtige Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel oder Spurenelemente werden ja selbst gekauft. Medikationsmanagement betrifft auch jüngere Menschen. Nimmt man beispielsweise Schilddrüsenmedikamente und Eisentabletten ein, sollte beides auf nüchternen Magen, aber trotzdem nicht gleichzeitig erfolgen. Da braucht es eine gute Lösung für eine optimale Wirkung.

Wie wird diese Lösung gefunden?
AM • Bei einem akuten Problem werden wir sofort tätig. Entweder kann der Zeitpunkt der Einnahme anders gelegt werden oder man versucht, gemeinsam mit dem Arzt eine Lösung zu finden. Zu einer grundsätzlichen Besprechung kommt der Patient zum vereinbarten Termin mit all seinen Medikamenten in einer Tasche. Das ist die sogenannte Brown-Bag-Methode, die aus den USA stammt. Wir schauen uns alles ganz genau an, um Wechselwirkungen auszuschließen und erstellen einen Medikationsplan in Absprache mit dem Arzt.

Fotocredit: Oliver Wolf; Werbung

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