Grazetta

„Kein Kind ZURÜCKLASSEN“

Knapp vor Schulschluss letzten Jahres wurde Werner Amon als neuer Landesrat in der Steiermark angelobt. Er ist für die Bereiche Bildung, Europa und Internationales, sowie für das Personalwesen im Land zuständig. Seither konnten längjährige Großbaustellen in Angriff genommen werden.

GRAZETTA Zu Beginn eine  „Icebreaker-Frage“: Was mögen Sie bei Interviews, was überhaupt nicht?
WERNER AMON (schmunzelt) Was ich oftmals als sehr schade empfinde, ist die einseitige Themenauswahl, also wenn ein gesamtes Interview hindurch nur ein einziges Thema fokussiert wird.

Wird uns nicht passieren: Fast jeder Unternehmer hat eine Unternehmensphilosophie. Sie leiten gleich drei unterschiedliche Ressorts, steht dahinter eine gemeinsame Philosophie?
WA Eine Philosophie wäre vielleicht zu viel gesagt, aber es gibt natürlich Maßstäbe, nach denen ich handle und Entscheidungen treffe. Eine Grundbedingung für mich, beispielsweise für den Bildungsbereich, lautet: Kein Kind zurücklassen. Entscheidend ist ein flächendeckendes Angebot bereitzustellen und mittlerweile herrscht ja auch breite Übereinkunft darüber, dass etwa die Elementarpädagogik einen wesentlichen Baustein im Bildungssektor darstellt.

Das neue Schuljahr hat erst kürzlich begonnen: Was ist anders oder besser
als im Schuljahr davor?

WA Für über 128.000 steirische Schüler hat das neue Schuljahr Anfang September begonnen und für knapp 13.000 Schüler ist dieser 11. September sogar ein ganz besonderes Datum: Der allererste Schultag. Die Schwerpunkte in diesem Schuljahr liegen auf Lesekompetenz, Digitalisierung und der Umweltbildung – denn der Klimaschutz ist wohl DIE soziale Frage unserer Zeit. Mit neuen Lehrplänen, für Volksschule bis zur AHS-Unterstufe, werden die Kinder und Jugendlichen bestmöglich auf die veränderte Lebens- und Arbeitswelt vorbereitet. Außerdem entlasten wir die Schulleitungen, in dem administrative Assistenzen auch weiterhin zur Unterstützung für bestimmte Tätigkeiten eingesetzt werden können.

Da haben wir das Stichwort Bildungssystem: Bereiten wir unsere Kinder überhaupt richtig auf die Zukunft vor?
WA Die fundierte Allgemeinbildung stellt immer noch eine der besten Grundlagen für die Vorbereitung auf das Leben und seine Herausforderungen dar. Das setzt aber auch konkrete Fähigkeiten voraus, wie zum Beispiel das sinnerfassende Lesen. Der Vorlesetag ist eine wichtige Initiative, aber da braucht es mehr. Kinder müssen in der Lage sein, sich Wissen selbsttätig aneignen zu können, das ist der Schlüssel zur Selbstbestimmung, der alles weitere im Leben öffnet.

Nächstes Jahr stehen Europa-, Nationalrats-, und Landtagswahlen an: Man spürt eine Europaunzufriedenheit, Stichwort: Migration, Inflation, Zinspolitik, etc. Was sagen Sie diesen Kritikern?
WA Zu aller erst würde ich antworten: Es gibt keine Alternative zu Europa, aber ich verstehe auch den vielfachen Ärger. Dennoch muss man auch das Positive sehen. Der EU ist eine rasche Positionierung im Ukraine-Konflikt gelungen, ohne Europa zu spalten und damit ist sie in der Außenpolitik ein globaler Player. Verteidigung und Sicherheit sind Themen, die auch uns Österreicher betreffen und die wir nicht alleine lösen können. Inflation und Migration sind nicht hausgemacht, das sind globale Probleme. Wir leben trotz aller Umstände in einem großartigen Land mit bester medizinscher Versorgung, hoher Lebensqualität, wenig Abwanderung, das muss man auch mitbewerten. Ich denke Europa braucht für die Zukunft eine gemeinsame Verfassung, also einen gemeinsamen Vertrag damit wir Demokratiedefizite, Ungleichheiten, Unklarheiten weitläufig ausräumen.

Hat die Steiermark überhaupt Gestaltungsoder Mitsprachemöglichkeiten in Europa?
WA Die Steiermark liegt in einer günstigen geopolitischen Lage. Wir sind eingebettet im Alpen-Adria Raum und pflegen langjährige gute Beziehungen zu unseren Nachbarn. Wir wollen diese Stärke weiter ausbauen, haben uns abermals um den Vorsitz der Alpen-Adria-Allianz beworben. In dieser zweiten Amtsperiode wollen wir die Nachbarschaft strategisch erweitern: Der Norditalienische Raum und auch der Westbalkan sind wichtige Verbündete, um gemeinsam mehr zu erreichen.

Was ist in der bisherigen, noch recht kurzen Amtszeit bereits gelungen? Worauf darf man stolz sein?
WA Zu allererst bin ich auf die Leistung meines gesamten Büroteams sehr stolz. Was in dieser kurzen Zeit gelungen ist, kann sich sehen lassen, wenn man weiß, wie hartnäckig Bürokratie sein kann. Soeben konnte das langjährige, schwierige Thema Kinderbetreuung mit der Zusage des Bundeskanzlers erfolgreich für die Zukunft gelöst werden. In der Steiermark haben wir ein umfassendes Paket mit 270 Millionen im Bereich der Elementarpädagogik beschlossen inklusive gesetzliche Verbesserungen, die Schulassistenz reformiert, das Steiermark-Büro in Brüssel baulich umgestaltet, einige Partnerschaftsabkommen beschlossen. Wir sind aktuell dabei, das Schloss Retzhof als Flaggschiff im Bildungshauswesen im Alpe-Adria-Raum neu zu positionieren, da ist einiges in Bewegung gekommen.

Die aktuelle Legislaturperiode dauert noch gut ein Jahr: Was möchten Sie in dieser Zeit noch unbedingt schaffen?
WA Einerseits arbeiten wir gerade am Objektivierungsgesetz für den Landesdienst. Alles , was bis dato in diese Richtung entschieden wurde, passierte auf freiwilliger Basis, aber das gehört in einen legistischen Rahmen, damit es Verpflichtungsstatus erlangt. Landeshauptmann Drexler hat das versprochen und wir werden das selbstverständlich umsetzen. Andererseits möchte ich ein neues Modell für das Regelschulwesen etablieren: Es geht um die stärkere Verschränkung und Einbindung unserer Musikschulen. Aufgrund der Gehirnforschung wissen wir längst, dass die musisch-kreative Bildung enorm wichtig wäre. Wir haben in der Steiermark ein dichtes, regional ausgeprägtes Musikschulwesen, diese Potenziale gehören unbedingt zusammen gedacht und hier können wir einzigartige Synergien schaffen.

Ihr Ziel für die bevorstehende Landtagswahl?
WA Mit unserem Landeshauptmann Christopher Drexler die Nummer eins werden und den Regierungsauftrag von den Steirern bekommen.

Abschließende Frage – wenn Sie eine Woche Bundeskanzler wären, was würden Sie angehen?
WA Eine Woche wäre eindeutig keine ausreichende Zeitspanne, um etwas zu verändern.

Wir bedanken uns für das Gespräch!

Foto: Mias Photoart

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